Geschichte in Bildern des RSV Rotation GreizBilder vom RSV Rotation Greiz, der in Greiz auf eine lange Tradition zurückblicken kann:

Kriegsgefallene

Der bürgerliche Reichsbund für Schwerathletik hatte nach statistischen Angaben im Jahre 1913 6000 Mitglieder, während der Arbeiterathletenbund 10 000 eingeschriebene Anhänger aufweisen konnte. Der Arbeiterathletenbund konnte es sich damals schon leisten, seinen Vorsitzenden, den Herrn Strumpf, als besoldeten Beamten anzustellen.
Nachdem der Erste Weltkrieg viele Opfer unter den Ringkämpfern in Greiz gefordert hatte, taucht in den Jahren danach ein neuer Verein in Greiz auf. Es ist die „Kraftsportliche Vereinigung Greiz“, die ihr Domizil in der Marienschule, der heutigen Goetheschule, hatte. Auch von diesem Verein ist uns wenig Archivmaterial hinterlassen worden. Eine Sportvorschau in der Reußischen Volkszeitung vom 24. April 1920 nennt uns einige ihrer Kämpfer und ihre Kampfpartner aus Plauen. „Die Kraftsportliche Vereinigung Greiz veranstaltet am Sonntag, dem 25. April in Grimm’s Lokal eine Städtewettkampf zu dem sie den Ring- und Stemmklub „Herkules“ in Plauen gewonnen hat. Zur Austragung des Kampfes gelangt ein silberner Pokal. Es stehen sich folgende Ringer gegenüber: Willi Neidhardt (Greiz) – Kurt Winkler (Plauen), Alfred Michel (Greiz) – Albert Lenk (Plauen), Hermann Hollmann (Greiz) – P. Eisenschmidt (Plauen), Paul Zapf (Greiz) – Paul Metzner (Plauen), Arno Frotscher (Greiz) – Paul Gerstner (Plauen). Beginn vier Uhr, anschließend Tanzkränzchen.“ Das Ergebnis der Kämpfe ist uns leider nicht überliefert.

Der als erster Kämpfer für Greiz genannte Willi Neidhardt startete damals im Federgewicht. Es war die leichteste Gewichtsklasse, insgesamt gab es fünf Gewichtsklassen (Feder-, Leicht-, Mittel-, Halbschwer- und Schwergewicht). In diesen fünf Gewichtsklassen wurden ab 1919 die deutschen Meister im griechisch-römischen Stil ermittelt. Die ersten deutschen Meisterschaften im griechisch-römischen Stil wurden 1893, damals nur in einer Gewichtsklasse, in Köln durchgeführt. Die ersten deutschen Freistilmeisterschaften fanden erstmals 1934 in Nürnberg ihre Austragung.
Willi Neidhardt, der lange Zeit als bester Greizer Ringer galt, eroberte sogar bei den Deutschen Meisterschaften Medaillen. Bei den ersten Titelkämpfen 1921, als die Deutsche Meisterschaft in Plauen stattfand, allerdings für Pausa, da Neidhardt nach Streitigkeiten mit der Vereinsführung in Greiz nach Pausa gewechselt war. Neidhardt gewann damals als erster Ringer der näheren Umgebung eine Medaille bei deutschen Meisterschaften, und zwar die silberne.
Wie lange das Gastspiel in Pausa dauerte, ist heute nicht mehr nachvollziehbar. Bei den deutschen Meisterschaften des Jahres 1923, die ihre Austragung in Erfurt fanden, startete Willi Neidhardt jedenfalls wieder für seine Heimatstadt Greiz und konnte zum zweiten Mal eine Medaille in Empfang nehmen, diesmal die silberne.
Aber auch die Konkurrenz in der eigenen Stadt schlief nicht. Hermann Hüttner hieß der stärkste Ringer des Arbeiter-Kraftsportvereines. Er gewann viele Turniere und Wettkämpfe. Ende der zwanziger Jahre nahm er zusammen mit dem Berliner Halbschwergewichtler Werner Seelenbinder an der Völkerspartakiade der Sowjetunion teil, bei der auch Ringer aus den Arbeitersportverbänden aus vielen Teilen Europas starteten. Während der später durch die Nazis wegen kommunistischer Betätigung hingerichtete und in der SED-Propaganda missbrauchte Seelenbinder in der Sowjetunion die Silbermedaille erkämpfte, belegte der Greizer Hermann Hüttner einen hervorragenden dritten Platz.
Ein Wendepunkt in der Geschichte des Greizer Ringkampfes war das Jahr 1931. Im alten Greizer Verein „Kraftsportliche Vereinigung“, der in der Marienschule trainierte, später dann in der Gaststätte „Grüne Linde“ und schließlich in Tannendorf, kam es zu einem Aufstand der jungen Mitglieder gegen die damalige Vereinsführung.

Hoffmann rang für Deutschland

Die Greizer Ringer starteten oft in überfüllten Häusern und eilten von Sieg zu Sieg. Einer der erfolgreichsten Kämpfer war Kurt Hoffmann (links), der im Vergleichskampf gegen Leipzig seinem Kontrahenten Einzel keine Chance ließ.
In Tannendorf vertraten 1931 einige Herren den Standpunkt, dass der Kraftsport nicht mehr wirkungsvoll sei und daher erst einmal pausiert werden müsse. Die Jugend war mit dieser Entscheidung nicht einverstanden und versuchte, neuen Schwung in den Kraftsport zu bringen. Man verlagerte die Ringkämpfe auf die Vororte, und zwar wurde der erste Kampf in die Pohlitzer Natur-Vereinshalle verlegt. Als Gegner wurde Pausa gefordert, und die Greizer Mannschaft gewann vor ausverkauftem Haus 4:3. Kurz darauf folgte der zweite Wettkampf gegen Plauen in der ausverkauften Turnhalle Hermannsgrün. Auch diesen konnte Greiz mit 5:2 gewinnen.
Aus den Aufzeichnungen von Rudolf Gebhardt geht hervor: Die alten Vereinsmitglieder forderten nun den Erlös aus diesen Veranstaltungen. Sie beriefen eine Generalversammlung in der Gaststätte „Zur Börse“ ein, wozu man mich und meine Mithelfer schriftlich eingeladen hatte. Die Tagesordnung erfuhren wir rechtzeitig und hatten nichts Gutes zu erwarten, man wollte uns mit dem Ausschluss aus dem Verein drohen. Nun darauf vorbereitet, richteten wir uns auf das Gespräch ein. Im Verlauf dieser Versammlung sahen wir uns schließlich gezwungen, den Austritt aus dem Verein von uns aus zu vollziehen. Mit lächelnder Miene rief man uns nach: „Ihr Lausejungen kommt von selbst wieder.“
Es kam aber anders. Wir gingen sofort einige Wochen nach Reichenbach in die dortige Übungsstunde. Auf diesen Wegen schmiedeten wir unsere Zukunftspläne und vollendeten sie auch. Aus Nürnberg wurde eine neue Ringermatte bestellt, die 500 Mark kostete. Fast alle waren arbeitslos, doch wir brachten unsere letzten Groschen auf. Acht Mann legten zusammen, und die Matte wurde bezahlt. Voller Stolz fuhren wir zum Güterbahnhof in Greiz und holten uns an einem späten Nachmittag die Matte ab. Am 15. Oktober 1931 wurde eine neue Kraftsport-Abteilung gegründet. Wir waren acht etwa 20jährige Burschen, und zwar Ewald Roth, Ehrhard Roth, Siegfried Semper, Rudolph Gebhardt, Kurt Ditscherlein, Albert Schneider, Paul Neuparth und Rudi Weiss. Von diesen Acht fehlen uns heute vier Mann, die der vergangene Krieg nicht zurückkehren ließ.

Nach der vollzogenen Gründung wurde die Wahl und Qual durchgestanden, endlich einmal einen Stammplatz in Greiz zu festigen, wo Training und die Kämpfe stattfinden konnten. Die Jahn-Turnhalle wurde einstimmig gewählt. Die Matte frei und es ging los. Im Oktober 1931 begann in der Jahn-Turnhalle ein neuer Kraftsport-Aufstieg in Greiz. Ein Jahr später löste sich der alte Verein auf, denn er kam trotz mehrfachen Bemühens nicht mehr auf die Beine. Die Jugend hatte in der Jahn-Turnhalle das Sagen, und die Zuschauermassen waren begeistert und bildeten schließlich das Rückgrat des Vereins. 1932 galt Greiz bereits über alle Gaugrenzen hinaus als Ringerhochburg. Dieser Ruf und Ruhm konnte ohne Zweifel bis heute gehalten werden. Seit 1931/32 bis zum heutigen Tag, sieht man in der Jahn-Turnhalle laufend kraftvolle, technisch gekonnte Ringkämpfe, und das Haus ist immer voller Zuschauer. Dieses Ziel war 1931 gesteckt und auch erreicht worden.
1932 wurde in Pausa die Kreismannschafts-Meisterschaft von unserer Mannschaft hart erkämpft. Die Entscheidung fiel hier nachts zwei Uhr. Darauf folgte sofort der Aufstiegskampf in die Sächsische Gauliga. Greiz gegen Planitz war die Paarung. Wieder siegten die Greizer in Planitz und in Greiz im Vor- und Rückkampf. Der Aufstieg in die Gauliga war geschafft.
Die einzige Sportart in Greiz war Ringen, die diese hohe Region geschafft hatte. Der Jubel war groß. Jetzt mussten auch die Greizer Ringer in der Sächsischen Gau-Liga beweisen, was sie können. Dresden, Chemnitz, Leipzig, Gelenau, Thalheim und so weiter waren die großen Gegner. Auch hierbei kam es zu großen Erfolgen, und Greiz konnte einen guten Mittelplatz in der Gauliga festigen, obwohl Greiz als einzige thüringische Stadt dabei manchmal offensichtlich von den sächsischen Repräsentanten benachteiligt wurde.
Man entschloss sich schließlich, von Sachsen nach Thüringen zu gehen und dort an Wettkämpfen teilzunehmen. Auch hier in Thüringen erkämpfte die Greizer Ringermannschaft sofort beim ersten Start wieder die Gauligaklasse. Leuna, Jena, Viernau und Gera waren die großen Gegner. Diese Klasse wurde bis zum Kriegsausbruch gehalten, mit großen Erfolgen sogar bis zur Spitze der mitteldeutschen Meisterschaft herankommend. Greiz ist bis heute noch nicht aus der Gauliga entlassen. Die Ringerhochburg Greiz brachte außer den Punkt- kämpfen Freundschaftsgegner in die Jahn-Turnhalle, die heute noch in Erinnerung sein werden, wie zum Beispiel Hof, Königsberg, Bamberg, Polizei Nürnberg und so weiter. Es kam schließlich soweit, dass man sich in Berlin entschloss, Greiz mit in die Deutsche Extraklasse einzureihen, und hier außer nationalen auch internationale Kämpfe zuzulassen. Daraufhin kam in Greiz das große Ringerturnier Deutschland — Finnland zur Durchführung. Hierzu stellten die Greizer aus ihren eigenen Reihen die Kameraden Hoffmann, Stöttmeyer, Wahl, Höppner und noch andere Ringer auf. Unser stärkster Nachwuchsringer Kurt Hoffmann erkämpfte sich sogar einen Platz in der deutschen Ländermannschaft und vertrat mehrmals die Farben Deutschlands.
Dreimal gelangen ihm vor dem Krieg Medaillenränge bei Deutschen Meisterschaften. In seinem besten Ringeralter tobte der zweite Weltkrieg. Aus diesem Krieg heimgekehrt, erkämpfte er nochmals drei gesamtdeutsche Medaillen und insgesamt neun DDR-Meistertitel. Seine erste deutsche Meisterschaftsmedaille (die Bronzemedaille) gewann Kurt Hoffmann, der 1937 alle Einzeltitel im Mittelgewicht im freien Stil errang. Im Jahre 1940 gewann er wieder Bronze, diesmal aber im griechisch-römischen Stil. Im Jahr darauf verteidigte er diese Medaille im Freistil.
Oftmals wurden die Wettkämpfe nach dem Krieg unter freiem Himmel ausgetragen. Hunderte Zuschauer umsäumten den Kampfplatz und erlebten packende Kämpfe. In dieser Szene bezwingt der Greizer Lohr mit einem Wurf über die Brust seinen Kontrahenten.