Geschichte in Bildern des RSV Rotation GreizBilder vom RSV Rotation Greiz, der in Greiz auf eine lange Tradition zurückblicken kann:

Kein Greizer Verein überdauerte die Zeit

Über die Anfänge der Schwerathletik in der Stadt Greiz ist wenig bekannt. Hauptgrund dafür ist, dass es keinen Verein gab, der die Zeit überdauerte. In der fürstlichen Residenzstadt Greiz lösten sich mehrere Vereine in den letzten hundert Jahren ab, die sich die Aufgabe gestellt hatten, die Schwerathletik und damit den Ringkampf zu pflegen.
Der Kraftsport wurde Ende des 19. Jahrhunderts von Profis in Deutschland populär gemacht. Der mecklenburgische Zimmermann Carl Abs, 1851 geboren; trat als Ringer und Stemmer auf und reiste dabei durch Europa, die USA und Kanada. Abs wurde 1884 der erste deutsche Professional-Weltmeister, als er den Amerikaner William Muldoon in New York besiegte. Fachleute sind sich heute einig, ohne Abs, der den Kraftsport in Deutschland in breiten Kreisen der Bevölkerung popularisierte (vergleichbar der Tenniswelle durch die Erfolge von Boris Becker), wäre der Deutsche Athleten-Verband 1891 nicht gegründet worden. Schon ein Jahr später, genau am 10. September 1892, reichte der Greizer Bäckermeister Franz Golla, wohnhaft in der Unteren Silberstraße 2, an die fürstliche Landesregierung die Bitte um Genehmigung des Vereines „Greizer Athletenclub“ ein.

Pioniere

Da mit der Artikelserie der Thüringenpost erstmalig überhaupt von diesem Verein berichtet wird, sollen nachfolgend alle Mitglieder des Vereins genannt werden. Vielleicht sind Nachfahren der Greizer Kraftsportpioniere, die von der Tätigkeit ihrer Ahnen selbst nichts wussten, in der Lage, Material und Unterlagen aus der Geschichte der Greizer Schwerathletik aufzufinden.
Der Fabrikarbeiter Moritz Buchta, Zeulenrodaer Straße 22, fungierte als Schriftführer. Kassierer des Athletenclubs war der Bäckermeister Carl Klopfer, wohnhaft in der St.AdelheidStraße 21. Zu den weiteren Vereinsmitgliedern gehörten der Weber Adolf Moritz Walther, St.Adelheid-Straße 47, der Schlosser Wilhelm Heinzer (oder Heintzer), St.Adelheid-Straße 51, der Bieragent Karl Reinhardt Münch, Grünrathstraße 2, der Weber Franz Schröder, Siebenhitze 24, der Schmiedemeister Herrmann Dietel, Idastraße 5, der Hausmann Gustaf Adolf Neudeck, Idastraße 33/37 und der Restaurateur August Häcker in der Unteren Silberstraße 1. Von den Mitgliedern Theodor Meinhold, Franz Linke, Otto Oehler und Moritz Gäbelein sind allerdings weder der Beruf noch die Anschrift überliefert.
Auch über den Werdegang des Vereines liegt das Dunkel der Geschichte, die Genehmigung für öffentliche Auftritte wurde jedenfalls erteilt. Übrigens musste jeder, der aufgenommen werden wollte, das 18. Lebensjahr überschritten haben.
Trotz der Gründung von Amateurvereinen waren es um die Jahrhundertwende immer wieder die Berufsathleten, die in der Schwerathletik den Ton angaben. Austragungsort waren oftmals Schützenfeste und Zirkusveranstaltungen. Die Reußische Volkszeitung vom 3. Juni 1913 enthält eine Anzeige vom Zirkus Alfred Maine, der in Zeulenroda auf der Schopperstraße gastierte: „Heute, Montagabend achteinviertel Uhr, Sportvorstellung. Neues Programm: Zum ersten Male großes Amateurreiten. Eine silberne Uhr erhält, wer dreimal auf einem gesattelten Pferde stehend, im Galopp die Manege umreitet. Großer doppelter Preisringkampf: Erster Gang: Neger Gybson und Herr Paul Hartmann aus Zeulenroda, Prämie 50 Mark. Zweiter Gang: Zirkusathlet Andraschewsky und Lohgerber Paul Reiher aus Weida, 30 Mark. Dienstag abends achteinviertel Uhr Eliteabend, Dezentes Programm — Damen zum Weiberrennen können sich melden“. Der Weidaer Paul Reiher trat übrigens auch bei anderen Gelegenheiten auf.
Welche Auswüchse es aber damals schon beim Profringen gab, schildert die gleiche Reußisehe Volkszeitung, die sich im Untertitel Organ für die Interessen des werktätigen Volkes im Reichstagswahlkreise Reuss älterer Linie nannte, in einem Artikel vom 9. Januar 1913 mit der Überschrift „Ringkampf-Schwindel in Erfurt“. Als vor einiger Zeit eine Ringkampf„ Konkurrenz“ in Erfurt im Reichshallentheater ausgetragen wurde, kam es eines Abends zu den wüstesten Skandalszenen, als die „Ringer“ sich gegenseitig des Schwindels und des Betruges bezichtigten. Als einige Tage später die Ringkämpfer im Tivoli in Eisenach auftraten, hatte ein Ringkämpfer Flugblätter in Eisenach anschlagen lassen, in denen er den Schwindel aufdeckte, der mit der Landsmannschaft der einzelnen Ringer getrieben wurde. In richtiger Einschätzung des ringkampfbegeisterten Publikums traten Griechen, Bulgaren, Franzosen und Kämpfer aus vielen, vor allem südlichen, Ländern auf, aber bei Licht besehen stellte sich dann heraus, dass die ausländischen Ringer „brave“ deutsche Landsleute waren, die sich damit ihr Brot verdienten, sich einfach Namen bekannter Ringer beizulegen, um dann das Publikum an der Nase herumzuführen. Die auf dem Flugblatt gemachten Feststellungen hatten in Eisenach den Erfolg, dass vom nächsten Tage die Irreführung des Publikums soweit zugegeben wurde, als man zu den ausländisch klingenden Namen noch den richtigen Namen dazusetzte. So wurde zum Beispiel aus Petroff plötzlich ein Petroff-Rottenfuße. Ein weiterer Schwindel bei den Ringkampf-„Konkurrenzen” bestand darin, dass schon recht lange vorher bestimmt wurde, wer den „Sieg“ davonzutragen sollte. Es wurde auch schon festgesetzt, wie lange ein Ringerpaar zu kämpfen hatte. So wurden „spannende Kämpfe“ „gemacht“, das Publikum, das sensationslüsterne, künstlich in Aufregung und Begeisterung versetzt, und es merkte gar nicht, wie sehr es betrogen wurde. All dieser Schwindel wurde auch schon mehrfach vor Gericht aufgedeckt. Aber das liebe Publikum ließ sich immer wieder einseifen und deshalb schadete es nicht, wenn der ganze Schwindel erneut aufgedeckt wurde. Nach einer Überlieferung des Erfurter Blattes soll eine gerichtliche Untersuchung wegen Betrugs eingeleitet worden sein.
In der Zeit vor dem ersten Weltkrieg existierten in Greiz gleichzeitig zwei Sportvereine, die sich mit dem Ringkampf befassten. Es waren der „I. Kraftsportverein Greiz“, der als Vereinslokal die heute noch existierende Gaststätte „Krug zum grünen Kranze“ hatte und der „Erste Arbeiter-Kraftsportverein Greiz“, der im Vorort Aubachtal seinen Sitz gehabt haben soll und dem Arbeitersportverband „Vorwärts“ angehörte.