Geschichte in Bildern des RSV Rotation GreizBilder vom RSV Rotation Greiz, der in Greiz auf eine lange Tradition zurückblicken kann:

Toller Auftakt

Auch das Wettkampfjahr 1954 begann erfolgreich. Diesmal war die Oberliga in drei Staffeln eingeteilt. Greiz wurde wieder ungeschlagen Erster vor Empor Gelenau, Motor Zella-Mehlis und Berlin-Hohenschönhausen. Zusammen mit den beiden anderen Staffelsiegern Sportclub Motor Suhl und Sportklub Chemie Leuna fuhr Greiz zum Finale nach Suhl. Die Greizer rechneten sich zunächst kaum Chancen aus, denn der neugegründete Sportklub Suhl hatte sich mit drei Sportlern verstärkt, die in den Gruppenkämpfen noch für andere Mannschaften gerungen hatten. Die Regelung, dass Sportler zu Sportclubs delegiert werden konnten und sofort startberechtigt waren, wurde 1954 eingeführt und behielt bis zur Wende 1989 ihre Gültigkeit. Über diese Ungerechtigkeit bereits verärgert, schöpften die Greizer nach dem Wiegen doch wieder Hoffnung, denn die Kampfpaarungen waren so schlecht nicht. Doch dann nahm das Verhängnis seinen Lauf. Bereits im ersten Kampf Greiz – Sportclub Motor Suhl kam es zum Eklat. Der Greizer Fliegengewichtler Büttner führte hoch nach Punkten, aber der Kampfrichter Wenzel (Leipzig) erkannte seinem Gegner den Sieg zu. Noch heute erklären Beteiligte, der Greizer hätte klar gewonnen. Die Greizer Mannschaft, schon von vornherein unter ungleichen Bedingungen gestartet, sah sich einem Komplott gegenüber und tat das, was eine Sportmannschaft nie tun sollte – sie brach den Kampf ab. Die Strafe folgte auf dem Fuße. Mannschaftsleiter Erwin Elsner erhielt eine strenge Rüge und Funktionsentzug für die Dauer von zwei Jahren. Martin Lässig und der „Meister des Sportes“, Kurt Hoffmann, erhielten eine Rüge und zwölf Monate Startverbot. Die anderen Aktiven Büttner, Dittmann, Lohr, Becker, Einzel und Frenzel erhielten sechs Monate Startverbot. Alle Greizer Ringer wurden aus dem Kern der Nationalmannschaft entlassen.

Kämpfer der ersten Stunde verlassen aus politischen Gründen ihre Heimat

Wie im stalinistischen System üblich, mussten die Ringer Selbstkritik üben. Die Volkswacht vom 22. Dezember 1954 veröffentlichte folgende Erklärung von sechs der acht Sportler: „Unser Verhalten zeigt, dass die politisch-moralische Erziehungsarbeit noch große Lücken aufweist, die es gilt, in kürzester Zeit zu überwinden. Das Kollektiv verpflichtet sich, das patriotische Bewusstsein zu heben, die sportlichen Erfolge zu erhöhen, die Jugend- und Nachwuchskämpfer besser zu fördern und die gesamtdeutsche Arbeit zu stärken.“
Zwar wurden die drastischen Strafen etwas gelockert, aber die Entwicklung des Ringkampfsportes in Greiz hatte einen Knacks bekommen. Die Nachwuchsarbeit wurde durch die Zwangspause der Männermannschaft forciert, die Greizer Jugend wurde auch DDR-Vizemeister hinter Stahl Eisleben, aber der Vorsprung der nun staatlichen Sportklubs war nicht mehr aufzuholen.
Noch einmal nahmen die Greizer alle Kräfte zusammen. Nach Ablauf der Sperre gingen die Kämpfe in einer zweigeteilten Oberliga weiter. In der Staffel A belegten die Greizer Ringer hinter dem Sportclub Chemie Halle-Leuna und vor Chemie Bitterfeld, Motor Schott Jena, Traktor Viernau und Empor Gelenau den zweiten Platz. Damit qualifizierte sich Greiz für die Halbfinals. Im freien Stil wurde Greiz Zweiter hinter der BSG Motor Ariern. Im geliebten klassischen Stil schlug man die Betriebssportgemeinschaften Arten, Viernau und Schkopau und qualifizierte sich für das Finale. Im Mai 1956 stand die Greizer Rotationsmannschaft noch einmal in der Endrunde einer DDR- Meisterschaft und wurde hinter dem Sportclub Chemie Halle und dem Sportclub Motor Suhl/ Zella-Mehlis Bronzemedaillengewinner. Erst 34 Jahre später gewann die Greizer Mannschaft wieder eine Medaille bei DDR- Meisterschaften. Über das Phänomen „Ringkampf in Greiz“ wurde danach viel spekuliert.

Sicher ist es heute nicht mehr möglich, alles genau zu rekonstruieren. Früher als in anderen Städten begann der Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg. Die gesamte Bevölkerung stand hinter der Mannschaft. Nicht nur in Bezug auf die Leistung ihrer Sportler lag Greiz an der Spitze, auch das Publikum war Spitze. Zehn Jahre lang war das Greizer Publikum das zahlenmäßig stärkste in Deutschland. Dadurch wurde ein Großteil der Auslagen selbst erwirtschaftet. In den ersten Jahren nach dem Zusammenbruch waren es vor allem Naturalspenden von Greizer Geschäftsleuten, die dafür sorgten, dass die Kochtöpfe der Ringer etwas voller waren. Ob nun in Form von Gemüse oder Schnitzeln, jedenfalls mehr, als es die Lebensmittelkarten zuließen.