Deutscher Ringerbund feiert sein 100jähriges Bestehen
Am 25. Oktober 1991 feiert der Deutsche Ringerbund sein 100-jähriges Bestehen. Dies ist für die Verbandsleitung Anlass, das Jubiläum am letzten Oktoberwochenende in würdiger Form zu begehen. Die Festtage beginnen am Samstag mit einer außerordentlichen Mitgliederversammlung im Ludwigshafener Hotel „Ramada“. Um 20 Uhr gibt der Oberbürgermeister der Stadt einen Empfang für die geladenen Gäste. Der eigentliche Festakt beginnt am Sonntag 10.30 Uhr mit der akademischen 100-Jahr-Feier im „Hambacher Schloss“ zu Ludwigshafen. Als Festredner werden unter anderem der Bundesinnenminister, Dr. Wolfgang Schäuble, NOK- Präsident Willi Daume und Weltverbands-Präsident Milan Ercegan erwartet. Ein großer Jubiläumsball mit der Günter-Noris-Big-Band, zu dem alle Olympiasieger, Weltmeister, Europameister und Medaillengewinner sowie die ehemaligen und aktuellen deutschen Meister geladen sind, beschließt die Feierlichkeiten.
Fast 4000 Jahre
Das 100-jährige Bestehen des Deutschen Ringerbundes nimmt die Thüringenpost zum Anlass, über Entstehung dieser Sportart und die Entwicklung in den Ringerhochburgen Pausa und Greiz zu berichten. Immerhin reicht die Vereinsgeschichte beider Gemeinschaften bis auf die Zeit der Jahrhundertwende zurück.
Der Ringkampf ist eine der ältesten Sportarten. Fast 4000 Jahre reichen die uns bekannten Spuren zurück. Zahlreiche Wandzeichnungen, die Griffsituationen des Ringkampfes darstellen, wurden in den Fürstengräbern von Beni Hassan (Ägypten) gefunden. In China veranstaltete man schon um 3000 vor Christus einen „Tag des Ringens“. Es gab mehrere Ringerschulen, an denen verschiedene Systeme genau festgelegter Griffe gelehrt wurden. Erstaunlich ist, dass viele von den damaligen Techniken noch heute Anwendung finden. Im alten Griechenland nahm der Ringkampf unter den übrigen Sportarten die erste Stelle ein. So bildete das Ringen nicht nur die Grundlinie der Leibeserziehung, sondern nahm einen bevorzugten Platz bei der Erziehung von Söhnen der herrschenden Klasse ein. Bereits bei den olympischen Spielen 708 vor Christus wurde die Kraftsportart als Hauptübung des Fünfkampfes eingeführt. Als besiegt galt derjenige, der dreimal den Boden mit anderen Körperteilen als den Füßen berührte.
Mit dem Niedergang der politischen Macht und dem kulturellen Verfall Griechenlands gewann der Allkampf an Verbreitung. In den Arenen der Römer entartete das Ringen allerdings zu immer roheren Formen. Gladiatoren mit metallbeschlagenen Bandagen kämpften auf Leben und Tod. Mit dem Niedergang des römischen Weltreiches verlor der Ringkampf für lange Zeit seine Bedeutung in Europa.
Neuer Aufschwung
Erst im Mittelalter, an den Höfen der Ritter, erfuhr der Kampfsport erneut einen Aufschwung. Aus dieser Zeit stammen etwa 130 Skizzen Albrecht Dürers, die den damals hohen Stand des Ringkampfes veranschaulichen. Aus der Verbindung mit dem Fechten entstanden weitere Ringkampfarten, zum Beispiel das Ringen mit dem Dolch. Im 16. Jahrhundert entwickelte sich diese Zweikampfsportart zu einer volkstümlichen Kunst, behielt aber den ursprünglichen Charakter der Selbstverteidigung. Als kulturgeschichtliches Kuriosum sind Ringkämpfe übermittelt, deren Ausgang gerichtlichen Entscheidungen gleichkam. In solchen Situationen stand der stärkere Gegner in der Grube und musste sich dem Angriff des Schwächeren stellen. In ähnlicher Weise entschieden auch Ringkämpfe zwischen Mann und Frau als „Gottesurteile“ über Ehescheidungen. Bei den heutigen Scheidungsziffern hätten die Mattenleiter sicherlich Hochkonjunktur.
Mit der Erfindung der Schusswaffen verlor für die damals herrschende Feudalklasse die Schulung des Kampfes Mann gegen Mann an Bedeutung. Es kam zu einem erneuten Rückgang des Ringkampfes. Erst zur Zeit der Befreiungskriege war es besonders Turnvater Jahn, der zur Verbesserung der bis dahin stark vernachlässigten körperlichen Erziehung aufrief. Das Turnen trat allerdings gegenüber dem Ringen in den Vordergrund, wurde aber als wertvolle Körperübung in Form einfacher Schiebe- und Standkämpfe weitergeführt. Den Berufsringern blieb es in dieser Zeit vorbehalten, den Ringkampf zu verbreiten.
In den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts ging ein neuer Stern am Ringerhimmel auf. Nachdem in Frankreich der Wälzstil am Boden entwickelt worden war, warf der bärenstarke Karl Abs in kürzester Zeit alle namhaften Ringer auf den Rücken und begeisterte damit überall, wohin er kam, die sportinteressierte Jugend.
Gegen Ende des vorigen Jahrhunderts kam es zur Gründung von Ringer- und Athletenvereinen, die sich 1891 zum Deutschen Athletenbund zusammenschlossen. Die Internationale Amateur-Ringer-Föderation, die Federation Internationale de Lutte Amateur (FILA), wurde 1913 gegründet. In der Neuzeit ist das Ringen seit 1896 olympische Disziplin. Weltmeisterschaften werden seit 1904, Europameisterschaften seit 1898 ausgetragen.