70 Jahre RSV Rotation Greizv.l.n.r.: Semper, Höppner, Hoffmann, Gebhardt, Neuparth, Schneider, 0. Martens, Ditscherlein, K. Martens

Ab 1991: Die Bundesliga

Am 17.08.1991 absolvieren die Greizer Ringer in der heimischen Jahnturnhalle ihren ersten Kampf in der 2. Bundesliga mit den Mannschaften aus Thüringen und Sachsen. Der SV Lok Altenburg wird 22,5:12 besiegt. Obwohl am 20. November erstmals die Kampfgemeinschaft TuS Jena/Kahlaer Ringerverein geschlagen wurde, belegten die Greizer am Ende der Saison hinter der KG den zweiten Platz. Nicht anders sah es 1992 und 1993 aus. In den Jahren 1994 und 1995 wurde dann der Staffelsieg erkämpft. Bereits 1993 hatten die Aufstiegskämpfe zur 1. Bundesliga (2. Platz hinter Aufsteiger Oftersheim) für einen neuen Ansturm der Zuschauer gesorgt. Diese Kämpfe, wie die jährlichen Vergleiche mit dem Erzrivalen TuS Jena, mussten, um allen Zuschauern Zutrittsmöglichkeiten zu verschaffen, in der Sporthalle „Kurt Rödel“ ausgetragen werden.

70 Jahre RSV Rotation Greiz
Bundesligamannschaft 1999. V.l.n.r.: E. Oldag, I. Schubert, A. Schrader, A. Weber, T. Hempel, E. Hüttig, J. Wrensch, S. Wrensch, R. Oehme, S. Hoemeke, M. Kittner, J. Wappler

70 Jahre RSV Rotation Greiz
2. Mannschaft. V.l.n.r.: S. Schlegel, F. Schüler, R. Rüger, P. Klug, M. Huhle, R. König, F. Oldag, St. Goebel, A. Jakob, A. Zischka, J. Bobek, M. Klug

Ab 1996 wurde auf Betreiben des deutschen Mannschaftsmeisters Goldbach eine eingleisige 1. Bundesliga eingeführt und die 2. Bundesliga auf 4 Staffeln verkleinert. Greiz rang nun in einer viel stärkeren Staffel mit den 4 Teams aus Bayern. Neuzugang Johannes Wrensch verletzte sich im ersten Kampf und fiel die ganze Saison aus. Greiz belegt nur Platz 7.
In den Folgejahren kommt Greiz Weder in die Nähe der Tabellenspitze und belegt die Plätze 3, 2 und noch mal 3. Da nun im Ringerbund und bei den Vereinen wieder die Vernunft gesiegt hatte und wieder eine zweigleisige 1. Bundesliga eingeführt wurde, gehörte Greiz am 18. Dezember 1999 zu den Aufsteigern.

Die erste Saison in der deutschen Eliteliga wurde ein voller Erfolg für den RSV Rotation Greiz/Mohlsdorf. Als bester Aufsteiger belegt Greiz mit nicht erwarteten Siegen über Spitzenmannschaften wie Halle und Witten den 6. Tabellenplatz in der Staffel Nord. Für die nun laufende zweite Saison in der höchsten deutschen Klasse hat sich die Mannschaft, nachdem einige Stammkräfte aus unterschiedlichsten Gründen ausfielen, weiterverstärkt. Mit drei Siegen zum Auftakt hat der RSV sogar die Chance, die Endrunde um die deutsche Mannschaftsmeisterschaft zu erreichen.
Das Schicksal der zweiten Greizer Vertretung in der Landesliga Thüringen war wechselhaft. Wurde im Startjahr 1991 der 2. Platz belegt, fiel man 1993 und 1994 auf den letzten Tabellenplatz zurück. 1995 landete man auf Platz 3, ein Jahr später gab es die Silbermedaille und 1997 konnte mit dem Staffelsieg in der Thüringenliga der Aufstieg in die 1995 gegründete Oberliga Thüringen/Sachsen gefeiert werden.

Nach dem 6. Platz 1998 in der Oberliga gelang ein Jahr später mit dem zweiten Rang der Aufstieg in die Regionalliga Mitteldeutschland, in der zum Einstieg 2000 ein dritter Platz gelang. Mit einer weiter verjüngten Mannschaft wird es schwer werden, diese Platzierung zu halten. Hauptziel dieser Mannschaft ist es aber nicht, sich in der Tabelle möglichst weit oben zu platzieren. Das Hauptaugenmerk liegt auf der Entwicklung und Förderung veranlagter Nachwuchsringer, die eines Tages in der ersten Mannschaft des RSV Rotation Greiz ringen sollen.

Quo vadis RSV?

Wohin wird der Weg des RSV Rotation Greiz in Zukunft führen? Diese Frage bewegt sowohl die Ringkampfanhänger als auch die Wettkämpfer und die Vereinsleitung.
Seit der politischen Wende in Deutschland hat der Ringkampf in Greiz an Stellenwert gewonnen, wie man es wohl nicht einmal zu träumen wagte. Nach neun erfolgreichen Jahren in der 2. Bundesliga, wurde in der Vorsaison erstmals in der höchsten deutschen Leistungsklasse, der 1. Bundesliga gerungen. Wer hätte 1980 geglaubt, dass Greiz Halle und Witten besiegt? Die Zuschauer konnten es im Vorjahr in der renovierten Sporthalle „Kurt Rödel“ erleben. Und nirgends ist die Begeisterung so groß wie in Greiz. Keine deutsche Ringermannschaft hatte im Vorjahr mehr Zuschauer in der normalen Runde als die Greizer. Der Hauptsponsor des RSV ist die Bevölkerung. Davon können selbst die Traditionsmannschaften nur träumen.

Die Entwicklung des Greizer Ringkampfsportes nach der Wende vollzog sich planmäßig Schritt für Schritt. Es gibt genügend Beispiele, dass Vereine beim Nach-oben-Klettern mehrere Stufen ausließen und dabei unsanft auf die Nase fielen.
Logischerweise ist die Erwartungshaltung nach dem 6. Platz im Vorjahr gestiegen. Die bisherigen Kämpfe geben den Optimisten Recht. Mit den Spitzenvereinen aus den alten Bundesländern kann sich der RSV hinsichtlich des wirtschaftlichen Hintergrundes nicht messen. Bei der Endrunde um die deutsche Mannschaftsmeisterschaft des Vorjahres dominierten ganz klar die vier der Südstaffel.

70 Jahre RSV Rotation Greiz
Kampfszene M. Kittner (Greiz/Halbergmoos)

Dafür war nicht nur die Qualität der Ringer und Trainer verantwortlich, sondern auch die Fähigkeit der Vereine, sich im richtigen Augenblick mit teuren Weltspitzensportlern zu verstärken. Den Vereinen der Nordstaffel, auch Witten, war das beim besten Willen nicht möglich.
Von den 20 in den sechs Endrundenkämpfen des deutschen Meisters KSV Germania Aalen eingesetzten Sportlern kam einer aus Bulgarien, neun aus EU-Ländern, drei weitere, wie der polnische Olympiasieger Wolny wurden eingebürgert. Dem hatte die Konkurrenz nichts entgegenzusetzen. Auch beim RSV hat die Anzahl der ausländischen Sportler zugenommen. Im Vorjahr wurden neben Victor Peikow auch drei EU-Ringer eingesetzt. In der neuen Saison kamen bisher fünf Ausländer zum Einsatz. Was sind die Gründe? Für die oberste deutsche Leistungsklasse mit den vielen deutschen und ausländischen Spitzenringern ist es kaum möglich, Sportler mit adäquaten Leistungen zu finden. Vereine, bei denen sich ein Bundesstützpunkt bzw. ein Olympiastützpunkt mit angeschlossener Sportschule befindet (man denke nur an Luckenwalde, Halle oder Jena), haben es da leichter, können sie doch gezielt auf Talente mehrerer Bundesländer zurückgreifen.
Und der eigene Nachwuchs? Es ist die meist gestellte Frage im deutschen Sport. Die Leistungsbereitschaft der Jugendlichen gerade auf sportlichem Gebiet wird republikweit immer mehr in Zweifel gezogen. Und der Ringkampfsport ist sicher eine der härtesten Sportarten und die wirklichen Erfolge kommen erst zum Schluss. Der Autor dieser Zeilen hatte die Möglichkeit, kurz nach der Wende in Schifferstadt eine normale Unterrichtsstunde im Sport zu erleben. Was er sah, konnte er kaum glauben. Man konnte den Eindruck haben, jeder Sportler tat nur was er wollte. Dieses Niveau haben wir anscheinend auch bald erreicht.

70 Jahre RSV Rotation Greiz
Victor Peikow im Kampf Greiz gegen Leipzig.

In Greiz wird seit fast 20 Jahren sehr viel für den Nachwuchs getan. In jungen Jahren gelingen unseren Talenten auch viele Erfolge. Bei den Erwachsenen wird mit anderem Maß gemessen, dort blieben die Erfolge der Greizer Nachwuchsringer überschaubar. Schule, Lehre, Arbeit mit Überstunden (manchmal in Schichten), Freundin und Hobbys zusammen mit (fast täglichem) Training und Wettkampf unter einen Hut zu bringen, gelang nur den wenigsten. Dazu gehört auch eine gesunde Lebensweise. Und je älter die Ringer werden, um so härter wird das Training. Herbert Kittner, der Vater unseres deutschen Vizemeisters Martin Kittner, sagte dazu: „Martin war bei weitem nicht das größte Talent in Goldkronach. Aber alle anderen haben irgendwann aus den unterschiedlichsten Gründen aufgegeben. Wenn die Eltern nicht voll dahinterstehen, auch in der Lebensweise Vorbild sind, die Trainer die Sportler nicht ständig motivieren und ihnen die Liebe zu ihrer Sportart einpflanzen, kommt oben keiner an.“ Der RSV Rotation Greiz wird sich der Herausforderung stellen und hat wohl eine der jüngsten Regionalligamannschaften Deutschlands. In Zukunft soll zielgerichteter mit den veranlagten Jugendlichen gearbeitet werden.