RSV Rotation Greiz gewinnt gegen KSV Motor Jena mit 25:7
GREIZ. Nach den monatelangen Querelen um die Ligastrukturen im Ringen stieg die Spannung in den letzten Wochen vor dem Saisonauftakt immer mehr. Die Greizer, im Vorjahr immerhin Staffelsieger in der 2.Bundesliga Nord, empfingen zum ersten Kampf des Jahres keinen Geringeren als den Staffelsieger der Regionalliga Mitteldeutschland, den alten Rivalen KSC Motor Jena.
Während die Gastgeber, bis auf den polnischen Spitzenringer Zbigniew Baranowski ohne nennenswerte Neuzugänge auf ihre erfahrenen Routiniers setzten, hatten die Jenaer ihre Mannschaft vor Saisonbeginn mit sechs Neuzugängen verstärkt, von denen vier in Greiz erstmals im Jenaer Trikot auf die Matte traten. Waffengleichheit bei beiden Teams bestand bei der Unabkömmlichkeit der ausländischen Spitzenringer. Wegen den in dieser Woche stattfindenden Weltmeisterschaften in Paris mussten die Gastgeber genauso auf Olympiateilnehmer Baranowski verzichten, wie Jena auf den tschechischen EM-Achten Petr Novak.
Die Sporthalle in Greiz-Aubachtal, von zahlreichen ringkampferfahrenen Gästen immer wieder als hervorragend für diese Sportart geeignet gelobt, stand schon ab 16 Uhr im Zeichen des Ringens (siehe Zusatzberichte). Zum Hauptkampf konnten 585 Besucher begrüßt werden, darunter zahlreiche ehemalige Athleten beider Teams. Nach äußerst fairen Kämpfen konnte man am Ende von einer gelungenen Veranstaltung, einer echten Werbung für den Ringkampf sprechen. Der Bericht im MDR-Fernsehen wird einen kleinen Einblick geben.
Der Kampf begann mit einem Paukenschlag. Sven Cammin (57 kg/f) traf auf den in Deutschland völlig unbekannten Bulgaren Daniel Yordanov. Der im Vorjahr wegen einer Verletzung nicht einsetzbare Greizer bewies bereits im April mit dem Gewinn des deutschen Vizemeistertitels seine wiedergewonnene Stärke. Schon nach 15 Sekunden ging er gegen den bulgarischen Juniorenmeister im griechisch-römischen Stil mit einem doppelten Beinangriff in Führung und nach 48 Sekunden lag der Gegner auf den Schultern. (Mannschaftsstand: 4:0)
Lukasz Konera (130 kg/g) hatte es mit dem ebenfalls stilartfremd kämpfenden Karsten Meinhardt zu tun, der sein Gewichtsplus von gut 15 kg geschickt einsetzte. Mit einer Rolle am Boden, Verwarnungspunkten und Strafen wegen Verlassen der Kampffläche siegte der Greizer mit 8:0 Punkten. (7:0)
Dustin Nürnberger (61 kg/g) begann sehr konzentriert gegen den ein Jahr jüngeren zweimaligen Dritten der deutschen A-Jugend-Meisterschaften Hassan Ismail, führte bis 76 Sekunden vor Schluss mit 2:0. Dann ging der Jenaer nach einer Beherrschung am Boden mit einem sehr umstrittenen Hammerlock – dem Griff par excellence der Greizer Ringer in den 1950er Jahren – in Führung.
Schien sich der sonst sehr gut amtierende Kampfrichter Jörg Jähnichen aus Gelenau bei der Ausführung des Hammerlocks etwas vertan zu haben, gab es an der folgenden Aufreißerserie, die zum 2:16 führte, nichts zu deuteln. (7:3)
Nach den Ausfällen von Baranowski und Sebastian Wendel musste Thomas Leffler (98 kg/f) eine Gewichtsklasse höher und stilartfremd antreten. Trotz der Gegnerschaft des vorjährigen deutschen Vizemeisters Aslan Mahmudov, der Deutschland schon mit 8. und 5.Plätzen bei Welt- und Europameisterschaften vertrat, zeigte der Polizeibeamte einen hervorragenden Kampf.
Dem acht Kilogramm schwereren Favoriten aus Potsdam gelang kein technischer Punkt.
Vier Zähler wegen passiver Ringweise des Greizers bzw. Verlassens der Kampffläche waren seine einzige Ausbeute. (7:5)
Zum Spitzenkampf des Abends wurde der Vergleich des moldawischen Publikumslieblings Vladimir Gotisan (66 kg/f) gegen den Jenaer Mannschaftskapitän Mario Koch. Nach einer Minute ging der Moldawier 2:0 in Führung und baute diese im Bodenkampf auf 8:0 aus.
Der 39-jährige Jenaer, der in seiner langen Laufbahn 16 Medaillen bei deutschen Meisterschaften erkämpfte, verteidigte sich geschickt, musste aber nach einem Knöchelgriff und einem Beinangriff weiter Punkte am Boden abgeben.
Achtzehn Sekunden vor Schluss stand der 16:0 Sieg des Greizers fest, die Halle tobte. (Halbzeitstand: 11:5)
Da die Jenaer Neuzugänge Petr Novak und Johannes Schmiege ausfielen, musste Routinier Steve Kurth gegen Tom Linke (86 kg/g) antreten. Es wurde der kürzeste Kampf des Abends. Erst einmal zu Boden geholt, dauerte es nur 75 Sekunden, bis der Greizer seinen Gegner durch Rollen am Boden mit 16:0 bezwungen hatte (15:5)
Ähnlich verlief der Kampf von Brian Tewes (71 kg/g) gegen den über den SAV Leipzig nach Jena gekommenen Magdeburger Dennis Guillon. Zwar gab er nach einem mit vier Punkten bewerteten Armdrehschwung durch einen Konter zwei Punkte ab, dann punktete aber nur noch der Greizer.
Nach anderthalb Minuten hieß der 17:2-Sieger Brian Tewes. (19:5)
Natürlich wurde auch Martin Obst (80 kg/f) seiner Favoritenrolle gegen Norman Mahmudov gerecht. Mit Beinangriffen und Rollen am Boden sammelte er Punkt um Punkt und hatte nach fünf Minuten seinen ungefährdeten 16:0 Erfolg sichergestellt. (23:5)
Lange auf des Messers Schneide stand der Kampf zwischen Konstantin Sommer (75 kg/f) und Tillmann Germar. In der ersten Hälfte ging der Gästeringer 1:0 in Führung. Anderthalb Minuten vor Ende des Kampfes wurde der Greizer mit hoher Wahrscheinlichkeit Opfer einer neuen Wettkampfregel – die allerdings völlig berechtigt ist. Der Jenaer erhielt eine 30 Sekundenstrafe (offizielle Bezeichnung: Aktivitätszeit 30 Sekunden) Wenn der mit dieser Strafe belegte Sportler in 30 Sekunden nicht einen oder mehrere Punkte erzielt, erhält der Gegner einen Wertungspunkt. Früher musste der Kampf nach Ablauf der 30 Sekunden unterbrochen werden, der Gegner erhielt dann einen Punkt.
Seit April darf der Kampf nicht mehr unterbrochen werden.
Am Samstag war ein Angriff des Jenaers noch im Gange. Nach alter Regelauslegung hätte der Greizer nun beim Stande von 1:1 geführt und bei seiner taktischen Cleverness den Kampf siegreich über die Runden gebracht. Nun wurde der Kampf aber fortgeführt und der 23-jährige Germar kam zum entscheidenden Gewinn von zwei weiteren Punkten. Trotzdem wurde Konstantin Sommer für seinen vorbildlichen kämpferischen Einsatz vom sachkundigen Publikum mit Szenenapplaus verabschiedet. (23:7)
Den Schlusspunkt setzte Mannschaftskapitän Toni Stade (75 kg/g), der sich dem Ex-Leipziger Eric Lüttich im Bodenkampf überlegen zeigte und mit 4:1 Punkten siegte.
Der erste Saisonkampf des RSV Rotation Greiz endete mit einem überraschend hohen 25:7 Erfolg gegen den alten Rivalen aus Jena.
Die Besucher der Kämpfe in der Greizer Sporthalle gingen auf Grund der Qualität der Kämpfe zufrieden nach Hause.
Stimmen zum Kampf:
Lothar Gwosdz (Trainer Jena): „Glückwünsche an die Greizer Mannschaft, die verdient gewonnen hat. Das Resultat ist zwar zu hoch ausgefallen, wir haben aber von vorn herein nicht mit einem Sieg in Greiz gerechnet. Hassan Ismail hat mit großem Kampfgeist den Spieß noch umgedreht. Ich habe Aslan Mahmudov speziell vor den Kontern von Thomas Leffler gewarnt.“
Sven Lieberamm (Trainer des RSV, der nach dem Kampf direkt zur Weltmeisterschaft nach Paris reiste): „Wir sind unserer Favoritenrolle gerecht geworden. Der Sieg fiel höher aus, als ich erwartet habe. Auf unsere Leistungsträger kann man sich verlassen.“
Erhard Schmelzer @20.08.2017
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