Der RSV Rotation Greiz strich gegen AV Germania Markneukirchen mit 19:9 einen tollen Derbysieg ein und ist nun an der Tabellenspitze
GREIZ. In der Sporthalle in Greiz-Aubachtal fiel am Samstag eine wichtige Vorentscheidung in der zweithöchsten Ringerliga Deutschlands, der Regionalliga Mitteldeutschland. Der bisherige Spitzenreiter der Staffel A, der AV Germania Markneukirchen, kam in Greiz in der zweiten Runde der Rückrunde unerwartet hoch mit 19:9 unter die Räder.
Den Vorrundenkampf im südlichen Sachsen hatten die Markneukirchener mit 14:12 für sich entschieden. Da bei einer Punktgleichheit am Ende der normalen Runde das gegeneinander erzielte Punktverhältnis über die Platzierung entscheidet, haben die Greizer einen großen Schritt Richtung Staffelsieg zurückgelegt.
Die Halbfinalkämpfe der beiden Tabellenersten gegen die beiden Erstplatzierten der Staffel B beginnen am 25.November. Die Greizer haben – unabhängig von ihrer Platzierung – an diesem Tag Heimvorteil.
Die Finalkämpfe werden am 9. und 16. Dezember ausgetragen. Als Staffelsieger der Staffel A könnte Greiz den ersten Finalkampf am 9. Dezember zu Hause austragen.
Nun, so weit ist es noch lange nicht. Eins kann man aber guten Gewissens voraussagen, die meisten der offiziell 637 Zuschauer, die in der Greizer Ringerhalle weilten und spannende, dynamische, hochklassige und teilweise sogar dramatische Ringkämpfe erlebten, werden bestimmt wiederkommen.
Seit Jahrzehnten dominieren in der leichtesten Gewichtsklasse in Russland die Vertreter der sibirischen Völker. Es spricht für die Weitsicht der Markneukirchener Leitung, Valerij Borgoiakov aus der nahe der Mongolei gelegenen burjatischen Teilrepublik verpflichtet zu haben, der auch mit 31 Jahren noch das leichteste Gewichtslimit bringt. Der 15-jährige Rasul Galamatov (57 kg/g) stellte sich tapfer zum Kampf gegen den EM-Fünften und Weltcup-Zweiten von 2011, war aber bei den blitzschnell vorgetragenen Angriffen an die Hüfte chancenlos. Zwei sehenswerte Kopfschleudern beendeten den Kampf beim 0:18 nach genau zwei Minuten. (Mannschaftsstand: 0:4)
Martin Hopf (130 kg/g) traf auf den weitaus erfahreneren ehemaligen polnischen Nachwuchsauswahlringer Lukasz Dublinowski, der seinen Gegner in der Anfangsphase zweimal von der Matte drängte. Der Greizer hielt gestützt auf seins körperliche Überlegenheit gut mit, ließ keine weiteren technische Wertung zu und unterlag auf Grund von Verwarnungen nur 1:4 (0:6)
Für Sven Cammin (61 kg/f) wurde es der erwartet schwere Kampf gegen einen ganz starken Gegner. Bei der diesjährigen DM belegte Roman Walter Rang drei unmittelbar hinter dem Greizer, ohne direkt auf diesen getroffen zu sein. Kurz vor der Pause führte der Hofer, der den DRB sechsmal bei internationalen Nachwuchsmeisterschaften vertrat schier uneinholbar mit 11:4. Doch der Greizer behielt die Nerven, holte auf, brachte mit einem Doppelnelson zum 10:11 die Halle erstmals zum Toben. Mit dem Kontern eines Beinangriffes ging er 12:11 in Führung und holte kurz vor Schluss mit einem technischen Kabinettstückchen zum 14:11 den zweiten Siegpunkt. (2:6)
Lukasz Konera (98 kg/g) wurde seiner Favoritenrolle gegen Anton Noack, immerhin auch einmal DM-Vizemeister bei der Jugend, gerecht und kam in der zweiten Minute beim Stande von 11:0 zum Schultersieg. (6:6)
Wie in der Vorwoche trafen mit Abdul Galamatov (66 kg/g) und Rene Roth zwei Freistilspezialisten stilartfremd aufeinander. Der 18-jährige Greizer brachte seinen doppelt so alten Widersacher durch schnelle Angriffe und Bodentechniken mehrmals in Verlegenheit und kam mit einem sehr schönen Hüftwurf Mitte der zweiten Minute beim Stande von 14:0 zum Schultersieg. (10:6)
Martin Obst (86 kg/f) traf auf den diesjährigen EM- und WM-Teilnehmer der Junioren Dimitri Blayvas. Die Greizer Zuschauer konnten sich von der Wahrheit der Behauptung überzeugen, dass der ehemalige Hallenser und Leipziger Sportschüler jeweils mehr als den neunten Platz hätte belegen können, wenn seine konditionelle Verfassung besser wäre. Der Meister musste sich – oder besser seinen Gegner – erst warm ringen, bevor er mit seinem unwiderstehlichen Stil durch Beinangriffe Punkt für Punkt sammelte, zweimal kurz vor einem Schultersieg stand und nach fünf Minuten beim 16:0 Sieg die Halle in ein Tollhaus verwandelte. (14:6)
Wieder überzeugte Brian Tewes (71 kg/f) im ungewohnten Stil gegen den physisch sehr starken Denny Latzke, der hauptsächlich mit Beinangriffen zum Erfolg kommen wollte. Der Greizer – mit Sprechchören frenetisch angefeuert – ließ sich durch 0:4 und 4:6 Rückstände nicht verunsichern, behielt die Nerven und kam am Ende durch gekonterte Beinangriffe zum 10:6 Erfolg. (16:6)
Der wiederum eingesetzte Martin Zeuner (80 kg/f) kam mit einer kämpferisch hervorragenden Leistung auf Basis einer Verwarnung in der vierten Minute zum 1:0 Sieg gegen Tim Bitterling, dem zweitjüngsten Spross einer Berliner Ringerfamilie. (17:6)
Toni Stade (75 kg/g) hatte mit dem Armenier Seyran Simonyan, der vor acht Jahren für Russland beim Weltcup Silber gewann, einen ganz starken Gegner erhalten, der mit Runterreißern und Rollen am Boden bald in Führung lag. Der Greizer konnte aber den gefürchteten Armhebel abwehren und ließ nur ein 0:12 zu. (17:9)
Die Greizer Fans skandierten begeistert: „Spitzenreiter, Spitzenreiter!“
Vladimir Gotisan (75 kg/f) musste den Sack zubinden und tat es wieder einmal erfolgreich. Bedingungsloses Angriffsringen war diesmal nicht angesagt, dafür stand die Taktik im Vordergrund. Der EM-Fünfte der Junioren, Johann Steinforth hat in Magdeburg mit dem Ringen begonnen, wurde in Leipzig ausgebildet, trainiert jetzt als Sportsoldat in Schifferstadt und hatte 4 kg Gewicht gemacht. Der Markneukirchener, der sich im Vorkampf gegen Martin Obst ein 0:7 ertrotzt – oder je nach Sicht der Dinge ermauert – hatte, ging nach Verwarnung für den Greizer 1:0 in Führung. Der Routinier aus Moldawien wartete auf seine Chance, die in der vierten Minute kam, als er den Gegner am Boden beherrschte und sofort eine Rolle zum 4:1 folgen ließ. In der letzten Minute kam Steinforth mit einem blauen Auge davon, als sein Gegner zur Zange gefasst, beinahe einen Schultersieg erkämpft hätte. Der 8:1 Sieg beendete einen phantastischen Kampfabend, der sicher in Erinnerung bleiben wird. Dass sich die beiden Kontrahenten mit dem Schlusspfiff noch etwas in die Haare gerieten, was der vorzüglich leitende Schiedsrichter Thomas Hausmann aus Luckenwalde mit zwei gelben Karten sanktionierte, tat der sehr fairen Atmosphäre, die beim Derby herrschte, keinen Abbruch.
Die Greizer Ringkampfanhänger sollten sich den 25. November und den 9. Dezember vormerken und Weihnachtsfeiern nötigenfalls anders terminieren. Es dürfte sich lohnen.
Stimmen zum Kampf:
Sven Lieberamm, der mit Tino Hempel den RSV betreute: „Ein Super Event mit mitgehenden Zuschauern. Einer der besten Kämpfe, die ich in Greiz erlebt habe.“
Bela Olah, Vizepräsident des Thüringer Ringerverbandes, der die Greizer Juniorenmeisterin und EM-Telnehmerin Eyleen Sewina mit der Ehrennadel seines Verbandes in Bronze ausgezeichnet hatte: „Phantastisches Fluidum in dieser wie für den Ringkampfsport geschaffenen Halle. Hier macht Ringkampf echt Spaß.“
Peter Jahn (Jahn Wach- und Sicherheitsdienste), Sponsor des RSV: „Wenn man diese Superstimmung erlebt hat, muss man alles tun, um den Bestand dieser Sportart auf diesem Niveau in unserer Stadt zu sichern.“
Andy Schubert, der diesmal ohne den zur Kur befindlichen Andre Backhaus die Gäste betreute: „Wir haben phantastische Kämpfe gesehen. Eine echte Werbung für unseren Sport. Greiz hat alle knappen Kämpfe für sich entschieden, Bei uns hat Franz Richter gefehlt, den wir in der 98 kg-Klasse aufbieten wollten, der bei einem internationalem Turnier in Dänemark weilte.“
Erhard Schmelzer @15.10.2017
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