Auf dieser Leistung lässt sich aufbauenEyleen Sewina verliert mit 0:10 gegen Miyu Imai (JPN) Foto: Kadir Caliskan

Bei der Vorschau auf die Weltmeisterschaften der Juniorinnen, die zusammen mit den Junioren im slowakischen Trnava stattfanden, wurde von den überragenden Japanerinnen gesprochen, die im Weltmaßstab dominieren. Nach der x-ten Änderung in den letzten beiden Jahrzehnten werden nun bei internationalen Meisterschaften bei jeder Stilart jeweils zehn Gewichtsklassen ausgetragen.
Besser konnte man die Resultate bei den Mädchen wohl nicht vorhersagen. Der japanischen Auswahl gelang es in allen zehn Gewichtsklassen Medaillen zu erkämpfen. Dabei gewannen sie sechsmal die Goldmedaille. Im 59kg Limit gab es nach einer 4:5 Niederlage gegen eine Moldawierin Silber, in den drei oberen Klassen mussten sich die Mädchen aus dem Land der aufgehenden Sonne mit Bronze begnügen. Der Deutsche Ringer-Bund sicherte sich eine Medaille.
Im leichtesten Limit bis 50 kg kämpfte sich Ellen Riesterer ins Finale. Dort unterlag sie schon in der ersten Hälfte gegen eine Japanerin mit technischer Unterlegenheit mit 0:10 Punkten. Bei einer Differenz von 10 Punkten wird im freien Stil bei Einzelmeisterschaften der Kampf abgebrochen und der oder die Führende zum Sieger erklärt. Im griechisch-römischen Stil genügen dafür 8 Punkte. Warum das so ist, können auch ausgewiesene Fachleute nicht sagen. Bei den Mannschaftskämpfen in Deutschland wird bis zu einer Punktedifferenz von 15 gekämpft, was allgemein begrüßt wird, da dadurch die Kämpfe länger dauern und es etwas mehr Spannung gibt.
Für den Thüringer Ringerverband starteten Anne Nürnberger (55 kg) und die Vizeeuropameisterin Eyleen Sewina (65 kg). Beide blieben ohne Sieg. Die deutsche Vizemeisterin Anne Nürnberger schied im Achtelfinale gegen die US-Amerikanerin Ronna Keaton nach einer 2:8 Niederlage aus.
Dabei hatte die Sportlerin des KSC Motor Jena, die in Werdau mit dem Ringen begann, zur Halbzeit mit 2:2 in Führung gelegen. Nach einem Beinangriff der Amerikanerin in Rückstand liegend, gelang ihr ein im anschließendenBodenkampf ein Konter, bei dem sie ihre Gegnerin kurzzeitig in die Brücke brachte. Am Ende setzte sich aber die für den amerikanischen Spitzenklub Sunkist Kids in Phoenix (Arizona) Kämpfende durch, die nach einem Beinangriff 4:2 in Führung ging. Anne Nürnberger kämpfte zwar entschlossen weiter, versuchte ebenfalls mit Beinangriffen zum Erfolg zu kommen, wurde aber zweimal entscheidend gekontert und unterlag gegen die Kadettenweltmeisterin von 2015 mit 2:8.
Eyleen Sewina, die für den RSV Rotation Greiz startet und am Bundesstützpunkt Frankfurt/Oder trainiert, war nach ihrem großartigen Abschneiden bei der Europameisterschaft in Rom-Ostia mit großen Hoffnungen in die slowakische Kleinstadt, ungefähr eine halbe Autostunde von Bratislava entfernt, gereist. Doch aus dem Medaillentraum wurde nichts. Das Los bescherte ihr bereits zum Auftakt die spätere Weltmeisterin Miyu Imai aus Japan, die international bisher wenig in Erscheinung trat, in diesem Jahr aber bei den Asienmeisterschaften der Frauen Silber gewann. Die Japanerin sollte sich im gesamten Turnier nicht nur als unbezwingbar herausstellen, sie beherrschte alle Gegnerinnen so eindeutig, dass sie alle ihre Kämpfe vor Ablauf der Zeit mit technischer
Überlegenheit gewann. Wie fast alle Sportlerinnen aus ihrem Land schien sie von vornherein nur mit einem Siegen gerechnet zu haben und nahm auch den gerade gewonnen WM-Titel als etwas Selbstverständliches hin, über das man nicht in große Freude ausbrechen muss. Sie bezwang nicht nur Eyleen Sewina mit zehn Punkten Differenz sondern auch ihre Widersacherinnen aus Rußland, Weißrußland und im Finale eine Gegnerin aus der Mongolei. Mal schauen, ob wir sie bei den Olympischen Spielen 2020 wiedersehen.
Dabei war Eyleen Sewina bereits zu Beginn hellwach. Und das war auch nötig. Die Japanerin
sprang ihr bereits zwei Sekunden nach Anpfiff in die Beine. Doch ihre Gegnerin hatte aufgepasst, kämpfte die ersten beiden Angriffe aus und egalisierte sie. Beim dritten wieder sehr tiefen Beinangriff fiel die erste Zweierwertung. Im Bodenkampf gab es dann kein Halten mehr, nach vier Rollen, abwechselnd nach rechts und links, stand der 10:0 Sieg für die Asiatin schnell fest. Das Warten auf den Finaleinzug der Japanerin, der die Teilnahme an der Hoffnungsrunde bescherte. War diesmal bei der Superform der Japanerin nicht sonderlich spannend. Die erste Gegnerin in der Hoffnungsrunde hieß Albina Khripkova und kam aus Rußland. Bei der EM, als Eyleen Sewina Silber gewann, wurde sie Achte. Nur bei einem Sieg konnte das Mädchenn aus Greiz im Wettbewerb bleiben. Sie wirkte in diesen entscheidenden Minuten topfit, war ständig in Bewegung und im Angriffsmodus. Bereits in der ersten Minute bestand nach einem Beinangriff die Chance zum Punkten. Doch diesen, wie auch alle folgenden. konnte die sich ständig nur verteidigende Russin abwehren obwohl sie viele kritische Situationen überstehen musste. Dabei versuchte sie, nach 90 Sekunden bereits wegen passiver Ringweise verwarnt, immer wieder den Hüftwurf als Mittel der Verteidigung einzusetzen. Vor der Halbzeitpause fiel dann schon die Entscheidung. Nach einem weiteren Beinangriff der Greizerin konterte die Russin, kippte die Angreiferin kurz in die gefährliche Lage und führte 2:0. In der Halbzeitpause frisch eingestellt und ermuntert von Bundestrainer Rainer Kamm und dem Frankfurter Stützpunkttrainer Michael Kothe kämpfte Eyleen tapfer weiter, schien mehrmals vor dem Gewinn von einem oder zwei Punkten zu stehen. Doch die Russin, von der während der ganzen Kampfzeit keine Angriffsaktion zu sehen war, stand wie ein Fels und gab keine Wertung ab. Auch eine 30 Sekundenstrafe, nach der es nur noch 1:2 stand, animierte sie nicht zu mehr Aktionen. Eyleen setzte jetzt alles auf eine Karte, scheiterte aber in den letzten 45 Sekunden meist sehr knapp mit einem Beinangriff, einem Armdrehschwung und einem Kopf-Hüft-Schwung. Bei Letzterem sah das Kampfgericht einen Konter der Russin und sprach ihr eine Sekunde vor Schluss 2 Punkte zu.
Dadurch ging ein nicht verdientes 1:4 in die Annalen ein. Die Russin besiegte später die Vertreterin von Weißrußland mit 9:3 und gewann WM-Bronze.
Als Vizeeuropameisterin ohne Sieg von der WM nach Hause fahren zu müssen, ist bitter. Wer aber ihre Kämpfe im Internet gesehen hat, die in sehr guter Qualität übertragen wurden, weiß, das Eyleen in der Form ihres Lebens war. Die Japanerin spielt, wie viele ihrer Mannschaftskameradinnen, in einer anderen Liga. Eine WM-Medaille war aber trotzdem drin. Für die deutsche Juniorenmeisterin war es die letzte internationale Meisterschaft in dieser Altersklasse. Sie hat in diesem Jahr das
Abitur mit der Note zwei abgelegt und beginnt nun ein Studium der Sonderpädagogik. Der RSV Rotation Greiz und die vielen Greizer Ringkampfanhänger würden sich freuen, wenn sie neben dem
Studium die Kraft und die Ausdauer finden würde, ihren Sport im Frauenbereich in hoher Intensität weiter zu betreiben. Erfolge werden sich auch da einstellen.

Erhard Schmelzer @22.09.2018