In Markneukirchen fanden am Wochenende die Mitteldeutschen Meisterschaften im Ringen statt – Greizer Ringer siegten
MARKNEUKIRCHEN/GREIZ. Im Vorjahr konnten die Greizer Ringer bei den Mitteldeutschen Meisterschaften der Männer in Luckenwalde mit einem zweiten Platz in der Vereinswertung und dem Gewinn von vier Medaillen das bisher beste Ergebnis bei diesen Titelkämpfen mit dem missverständlichen Namen erreichen.
Die Bedeutung der Meisterschaften geht weit über den Raum des historisch von den jetzigen Bundesländern Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt gebildeten Mitteldeutschlands hinaus.
Schon seit der Einführung der Meisterschaften, die auf Initiative des RSV Rotation Greiz in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts erfolgte, gehörten Sportler aus Brandenburg, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern zu den regelmäßigen Teilnehmern.
Von einer ostdeutschen Meisterschaft zu sprechen, wäre also schon damals treffender gewesen.
Als Folge der Asylpolitik der deutschen Regierung erhielten die in den letzten Jahrzehnten im Ringkampfsport nicht sonderlich erfolgreichen nordwestdeutschen Vereine vermehrt Zuzug von hauptsächlich Freistilringen betreibenden moslemischen Sportlern aus dem Kaukasus, Afghanistan und dem Nahen Osten.
Mitteldeutsche Meister kommen jetzt auch aus Hamburg und Kiel.
Bei den diesjährigen Titelkämpfen in Markneukirchen konnte zwar die Rekordzahl des Vorjahres von 116 Teilnehmern mit 75 Startern in beiden Stilarten nicht annähert erreicht werden, die Spitzenringer waren allerdings erschienen und zeigten durchweg gute Leistungen.
Der RSV Rotation Greiz war wie im Vorjahr mit sieben Sportlern am Start, konnte aber die hervorragende Bilanz des Vorjahres noch toppen und erstmals seit Einführung dieses Wettbewerbes die Mannschaftswertung für sich entscheiden.
Greiz siegte mit 36 Punkten nicht zufällig vor dem starken Bundesligarivalen aus Aue (31 Punkte). Interessant auch das alle sieben Greizer Starter in die Medaillenränge kamen. In der Vereinswertung folgten danach die Zweitligisten 1.Luckenwalder SC (27), Germania Potsdam (26) und Gastgeber AV Germania Markneukirchen (17).
Der durch die Zuwanderung aber auch durch hervorragende Jugendarbeit in den letzten Jahren stark in den Vordergrund gerückte KSC Apolda belegte mit 16 Punkten unter den 32 teilnehmenden Vereinen Rang 6.
Außer diesen beiden Vereinen startete leider kein anderer thüringischer Verein.
Auch Jena war nicht mehr am Start.
Zu Beginn der neunziger Jahre wurde ein Greizer Funktionär nach einem knappen Greizer Zweitbundesligasieg über den damaligen Thüringer Hauptkonkurrenten Jena vom MDR-Fernsehen nach seiner Wertung des Ergebnisses befragt. Er antwortete: „Es ist nur von zweitrangiger Bedeutung, wer heute zwei Punkte mehr hatte. Wichtig ist, wer in 20 Jahren vorn liegt.“
Diese Frage wurde am Wochenende in Markneukirchen und in Stollberg, wo der RV Thalheim mit 259 Startern eines der größten ostdeutschen Nachwuchsturniere austrug, eindeutig beantwortet.
In Stollberg belegte Greiz unter 38 Teams Rang sechs, Jena war nicht am Start. Durch das gute Abschneiden von Greiz und Apolda belegte Thüringen in der Länderwertung in Markneukirchen mit 52 Punkten allerdings sogar noch Platz drei hinter Sachsen (111) und Brandenburg (76). Insgesamt waren Sportler aus zehn Bundesländern am Start.
In Markneukirchen lief für die Greizer auch nicht alles optimal. So konnte der Vorjahreszweite Sebastian Wendel wegen einer leichten Erkrankung nicht starten und muss weiter auf seinen fünften mitteldeutschen Titel bei den Männern warten.
Joel Wrensch fiel aus, weil er mit der Nationalmannschaft in Moldawien weilte.
Der einzige Greizer Meister des Vorjahres, Thomas Leffler, konnte seinen Titel im griechisch-römischen Stils verteidigen. In der 97 kg-Klasse beherrschte er seine Gegner eindeutig. Mit einem Schultersieg über den Auer Stefan Unger sowie drei technischen Überlegenheitssiegen gegen den vorjährigen deutschen Juniorenmeister Toni Peprny (Lugau), Martin Hettler (Berlin-Buch) und dem Gelenauer Lucas Kästel entschied er bereits in der ersten Kampfhälfte alle Vergleiche für sich.
Der noch der Juniorenklasse angehörende Dustin Nürnberger erkämpfte im 63 kg-Limit die Bronzemedaille. Den Torgelower Sten Bauer bezwang er mit technischer Überlegenheit im Bodenkampf, Roy Gläser aus Aue schulterte er. Gegen den späteren Meister Omid Sayadi (Apolda) und dem ehemaligen Pausaer Bundesligaringer Janik Rausch (Rehau) musste er Schulterniederlagen einstecken.
Im freien Stil waren fünf Greizer Sportler am Start, die sich eine Gold-, zwei Silber- und zwei Bronzemedaillen sicherten.
Abdul Rafar Ahmadi gehört zur in Afghanistan diskriminierten Ethnie der Hazara. Seine Eltern wurden von den Taliban getötet, er kam als Waise nach Thüringen. Im leichtesten Limit (57 kg) bezwang er im Pool den Dritten der deutschen Juniorenmeisterschaft Moritz Langer vom PSV Rostock mit 7:1. Gegen den starken Kieler Saifulla Timaev ( TuS Gaaden) konnte er in letzter Minute einen 6:10 Rückstand in einen 11:10 Sieg umwandeln. Auch im Finalkampf gegen den Apoldaer Haydar Afshar geriet er 0:2 in Rückstand. In einem spannenden Duell, das von beiden Kämpfern mehrmals entschieden werden konnte, konnte der Greizer seinen Erfolg von der Thüringer Meisterschaft aber nicht wiederholen, sondern nur noch auf 1:2 verkürzen.
Abdul Galamatov (65 kg) musste in den letzten drei Jahren jeweils eine Niederlage einstecken und sich mit der Bronzemedaille begnügen. Diesmal gelang der große Wurf. Im Pool bezwang er den ehemaligen Jenaer Sportschüler und EM-Starter der Kadetten Florian Pohl in der vierten Minute mit 10:0. Für das gleiche Resultat benötigte er gegen den Cottbuser Nooryaliy Akbari nur 82 Sekunden. Im Finale traf er auf den Hallenser Fabio Klett, der sich nun Moleiro nennt, im Pool den DM-Dritten der Junioren Tim Hamann mit 10:0 aus dem Rennen warf, und gleich 2:0 in Führung ging. Die Anfangsoffensive des Hallensers erwies sich aber als Strohfeuer, der Greizer war eindeutig stärker und vor allem schneller, dominierte den Kampf und hatte nach zwei Minuten, als er seinen Gegner auf die Schultern legte, seinen ersten mitteldeutschen Meistertitel erkämpft.
Sein Bruder Rasul (61 kg), der als 17-Jähriger noch der A-Jugend angehört und erstmals bei den Männern mitwirken durfte, wollte es ihm gleichtun, scheiterte aber im Finale.
Zum Auftakt besiegte er seinen Vereinskollegen Drin Abdullahu nach 0:4 Rückstand noch 10:6. Den Plauener Rustam Begiev bezwang er im Bodenkampf mit 10:0. Im Finale trafen zwei mitteldeutsche Meister aufeinander. Der Greizer als der der Jugend A, sein Gegner Movlet Makhmatov aus Hamburg war Erster bei den Junioren geworden. Der Greizer, der schon explosiver gewirkt hatte, hielt gegen den Routinier im Standkampf lange mit, zu Boden gebracht, musste er die Überlegenheit seines tschetschenischen Landsmanns beim 2:12 anerkennen. Für den Greizer blieb die Genugtuung, in einem Jahr bei den für ihn wichtigsten Meisterschaften einen kompletten Medaillensatz errungen zu haben.
Drin Abdullahu, der Begiev mit 10:0 bezwang und Makhmatov 0:11 unterlag, wurde Dritter.
Die zweite Bronzemedaille erkämpfte sich Maximilian Kahnt (79 kg), der den Cottbuser Max Piskorski schulterte. Gegen den Auer Bundesligaringer Brian Bliefner und Lennard Wickel (Luckenwalde), der Deutschland je dreimal bei Welt-und Europameisterschaften vertrat, musste er technische Niederlagen einstecken.
Die Greizer Bundesligaringer Martin Obst (Luckenwalde) und Daniel Sartakov (Luftfahrt Berlin) starteten für ihren Stützpunkt-, bzw. Heimatverein. Beide kämpften in ihren Gewichtsklassen im Nordischen Turnier (jeder gegen jeden).
Martin Obst (86 kg) ließ sich dabei im Auftaktkampf vom Markneukirchener Neuzugang Kevin Lucht überraschen. Scheinbar sicher 4:0 führend musste der viermalige deutsche Meister in der Schlussminute zwei Beinangriffe abgeben und seinen Gegner beim 4:4 Endstand den Sieg überlassen. Obwohl der Berliner seine weiteren Gegner aus Hamburg, Potsdam und Darmstadt sehr locker, sicher und schnell bezwang, während Lucht sich viel schwerer tat und gegen den Hamburger Oliver Kock unterlag, triumphierte in der Endabrechnung der Markneukirchener auf Grund des direkten Vergleiches. Daniel Sartakov (74 kg) schien nach deutlichen Siegen über den Ex-Greizer Lucas Kahnt (RV Thalheim), William Stier (Aue) und Sven Menzel (Potsdam) schon wie der sichere Sieger auszusehen, musste sich aber verletzungsbedingt dem Gelenauer Rico Richter geschlagen geben. Trotzdem siegte er in der Endabrechnung vor dem Auer William Stier und Lucas Kahnt, der Rico Richter und Sven Menzel aus Potsdam bezwungen hatte.
Der am Vorabend bei der Mitgliederversammlung neu in seinem Amt bestätigte Greizer Vereinspräsident Thomas Fähndrich zeigte sich erfreut über die Ergebnisse von Markneukirchen: „Wir haben in diesem Jahr mehr getan als in den Vorjahren, mehr wichtige Turniere besucht. Der heutige Erfolg ist mit einem Sieg in der Bundesliga gleichzusetzen. Unsere Gegner in der Bundesliga haben sich aber alle qualitativ verstärkt. Es wird eine sehr harte Saison mit hoffentlich spannenden Kämpfen werden. Wir dürfen jetzt in der Saisonvorbereitung keine Pause mehr einlegen.“
Erhard Schmelzer @29.04.2019
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