RSV Rotation Greiz: Eine Entscheidung ist noch nicht gefallen

Noch ist eine Entscheidung nicht gefallen, in welcher Liga der RSV Rotation Greiz in der nächsten Saison ringt

GREIZ. Natürlich ist am Sonnabend eine Entscheidung in der Greizer Ringerhalle gefallen. Der RSV Rotation Greiz besiegte im ersten Kampf des Halbfinales die Kampfgemeinschaft Frankfurt/Oder mit 20:11. Doch bereits drei Stunden früher wurde im Foyer der Halle verbissen gerungen, allerdings mit Argumenten.
Die Vereinsleitung des RSV hatte eingeladen und schätzungsweise fast 100 Mitglieder, Sponsoren und Ringkampfinteressierte waren dieser Einladung gefolgt und beteiligten sich zahlreich aktiv am Gespräch.

Was stand zur Diskussion? Im Vorjahr wurde vom Deutschen Ringer-Bund die 2.Bundesliga ersatzlos gestrichen. Alle Zweitligisten und die Aufsteiger aus der dritten Liga sollten in der 1. Liga kämpfen. Sieben der zehn Zweitligisten der 2. Bundesliga Nord verweigerten sich diesem Ansinnen und sechs davon kämpften in der ehemaligen drittklassigen Regionalliga Mitteldeutschland, die zur zweithöchsten Liga aufstieg. Insgesamt traten in Deutschland 18 Vereine den Weg in die oberste Liga nicht an.

Ein Jahr später steht die Frage für den RSV Rotation Greiz – Aufstieg in die DRB-Bundesliga oder Verbleib in der Regionalliga – wieder an. Es ist kein Geheimnis, dass die alteingesessenen Vereine der Regionalliga über die Teilnahme der ehemaligen Zweitligisten, die meist führende Tabellenpositionen einnehmen, nicht gerade begeistert sind, um es ganz vorsichtig auszudrücken. Hat aber der Greizer Ringerverein überhaupt die finanziellen, organisatorischen und sportlichen Ressourcen, um einen Aufstieg zu bewältigen und zu überleben?

Vereinspräsident Thomas Fähndrich gab einen detaillierten Überblick zur Situation des Vereins und stellte auch die Konditionen und Kosten – soweit dies bei dem jetzigen Kenntnisstand möglich ist – vor. Großes Interesse fand auch die Übersicht hinsichtlich der auftretenden Kosten im Vergleich von Regional- zur Bundesliga, etwa Reisekosten, Abgaben an den Deutschen Ringer-Bund, Lizenzierungskosten für jeden einzelnen Sportler, Abgaben an den internationalen Verband im Falle von ausländischen Ringern, Kosten für Kampfrichter, die Unfall- und die Krankenversicherung und Kosten für die Berufsgenossenschaft. Diese materiellen Hürden sind nur zu nehmen mit gesteigerten Einnahmen, die durch Erhöhung der Preise für Eintritt, Speisen und Getränke und durch höhere Zuwendungen von Sponsoren zu erzielen sind. Es wurde aber auch angesprochen, dass im Verein die personellen Voraussetzungen fehlen, um alle Arbeitsfelder zu beackern.

Die sich anschließende Diskussion nahm einen breiten Raum ein und wurde mit Herzblut geführt. Fragen wurden gestellt, Vorschläge unterbreitet, aber auch Kritik geübt. So wurde gefordert, dass junge Ringer, die in der ersten oder zweiten Mannschaft kämpfen sollen, gefordert – aber auch speziell gefördert werden. Moniert wurde, dass das Hauptaugenmerk des Vereins nur auf der Mannschaftskampfsaison liege. Auch wurde angesprochen, dass im Verein Trainer fehlen und die Bedingungen für das gesamte Ringkampfgeschehen verbessert werden müssen. Die Frage, warum so wenige ehemalige Sportler im Verein mitarbeiten, stand ebenso im Brennpunkt.

In den letzten Jahren trat immer deutlicher zutage, dass die Anzahl der in der mitteldeutschen Region vorhandenen leistungsstarken Sportler, die in der Lage sind in den oberen Ligen zu kämpfen, ständig geringer wird.
Unter diesen Bedingungen war es besonders wichtig, dass seit 2013, nunmehr der fünften Saison in Folge, Swen Lieberamm mit einer schlagkräftigen Truppe zu jeden Kampf aus Berlin kommt.
Ohne diese leistungsstarken und vorbildlichen Sportler wären die seitdem errungenen Erfolge (drei Staffelsiege, die Meisterschaft in diesem Jahr ist auch nicht ausgeschlossen) unmöglich gewesen.
Viele Schwächen in der Arbeit in Greiz traten dadurch in den Hintergrund. Die Unverzichtbarkeit auf die Männer aus dem Norden trat in der Diskussion deutlich in den Vordergrund.
Die Danksagung an diese Gruppe hätte durchaus vernehmlicher vorgetragen werden können.

Hinsichtlich der eingangs gestellten Hauptfrage der Veranstaltung divergierten die Meinungen extrem. Dies war auch nicht anders zu erwarten. Dem Autor dieser Zeilen fiel auf, dass sich viele der anwesenden Sponsoren in Schweigen hüllten. Vor den Kameras des mdr-Fernsehens soll es dagegen teilweise dezidiert der Fall gewesen sein.

Was nicht zur Sprache kam

Die Bundesliga ist mit seinen Abgaben ein wichtiger Sponsor des DRB. Die Erfurter Olympiasiegerin Christina Vogel sagte, die britischen Bahnradsportler bekommen vom Staat genauso viel Geld wie der gesamte deutsche Sport. Ein anderer deutscher Spitzenathlet behauptet dies von der Universität von Texas. Der DRB ist also – will er seine Athleten fördern – auf das Geld der Bundesligisten angewiesen. Während der Masse der Sportanhänger nur bekannt ist, dass Fußballvereine beim Aufstieg in obere Ligen Millionen aus dem Fernseheinnahmen bekommen, müssen die Ringer, wie viele andere Sportarten auch, bei einem Aufstieg höhere Gebühren zahlen.
Bei Sportschülern und selbst bei Kaderathleten spricht man bei Wettkampfreisen und Trainingslagern gern vor „Drittelfinanzierung“. Ein Drittel kommt vom Landesverband, ein Drittel vom Verein, ein Drittel von der Familie. (So lustig waren die T-Shirts mit der Aufschrift „sponsored by Oma und Opa“ wohl gar nicht).

Manch ein Bundesligaverein im Ringen – aus dem Süden und Südwesten Deutschlands sind Zahlen bekannt – kann nicht nur in einem wirtschaftlich prosperierenden Umfeld arbeiten, sondern wird durch Kommune und Land wirkungsvoll unterstützt. Mit diesen Vereinen müsste der RSV bei einem Aufstieg konkurrieren.

Das neueingeführte Punktesystem des DRB wird zwar – auch von mir – gelobt, aber die kritische Punktsumme ist zu hoch angesetzt. Wenn schon jetzt 70% der Vereine die Punktvorgabe erfüllen, dürfte sich nichts Grundlegendes ändern. Jedenfalls im ersten Jahr. Spätere Änderungen scheinen möglich. Die restlichen Vereine dürften mit kleinen Korrekturen, die ihre Leistungsfähigkeit nur minimal verringern, auf die entsprechende Punktzahl kommen.

Erhard Schmelzer @27.11.2017