RSV Rotation Greiz gegen SC Kleinostheim

RSV Rotation Greiz – SC Kleinostheim 7 : 18

Vorspiel

Es war eine sehr ereignisreiche Woche für Ringer und Ringkampfinteressierte. Am Sonntag (11.Dezember) nach dem 13.Kampftag musste der Bundesligareferent und Vizepräsident des Deutschen Ringer-Bundes Manuel Senn – wie bereits berichtet wurde – wegen Regelverstößen einige Resultatsveränderungen vornehmen. Bis zum Mittwoch, den 14.Dezember sah die Bundesligatabelle der Staffel Ost folgendermaßen aus:

Tabelle nach 13. Kampftag:

1.SV Wacker Burghausen265:89
26:0
2.KSC Germania Hösbach217:147
18:8
3.SC Kleinostheim212:150
18:8
4.ASV Schorndorf191:162
16:10
5.AC Lichtenfels138:198
10:16
6.RSV Rotation Greiz145:215
7:19
7.AV Germania Markneukirchen153:225
7:19
8.SV Johannis Nürnberg 07122:257
2:24









Am Donnerstag, den 15.Dezember gab es weitere überraschende Meldungen. Herr Senn musste

wieder tätig werden. Diesmal betraf es den KSV Germania Hösbach wegen des Einsatzes von Sportlern, die unter dem Status EU rangen, aber sich nicht als Staatsbürger eines EU-Landes ausweisen konnten.

Greiz hatte nach dramatischen Kämpfen am 19.November zu Hause gegen Hösbach 15:17 verloren. Aus dieser Niederlage wurde nun aus den oben angeführten Gründen ein 19:13 Sieg. Nach allen Änderungen sah die Tabelle einen Tag vor dem entscheidenden Kampf der Greizer gegen Kleinostheim so aus:

Tabelle nach 13. Kampftag:

1.SV Wacker Burghausen267:89
26:0
2.SC Kleinostheim216:148
18:8
3.KSC Germania Hösbach207:165
16:10
4.ASV Schorndorf195:160
16:10
5.AC Lichtenfels138:198
10:16
6.RSV Rotation Greiz149:211
9:17
7.AV Germania Markneukirchen157:223
7:19
8.SV Johannis Nürnberg 07122:257
2:24









Der Abstieg wurde also im indirekten Duell zwischen Markneukirchen und Greiz ausgerungen.

Beide Mannschaften mussten gegen deutsche Spitzenmannschaften kämpfen und hatten im letzten Kampf Heimvorteil. Greiz lag zwei Punkte vorn, hatte aber die direkten Vergleiche verloren und wäre bei Punktgleichheit abgestiegen. Markneukirchen empfing den Serienmeister aus Burghausen.

Wettkampf

Die Greizer Mannschaft traf auf den aktuellen Tabellenzweiten Sportklub Kleinostheim. Doch vor dem Kampf fand – wie schon zu einer guten Tradition in der Perle des Vogtlandes geworden ein Freundschaftskampf der Mädchen statt. Josefine Langhof hatte gerade ihre geplante Krafttrainingseinheit im Kraftraum beendet, als sie 19:00 Uhr gefragt wurde, ob sie einen Vergleichskampf bestreiten könnte. Da sie zu den kurzentschlossenen Menschen gehört und ihre Sportsachen zum größten Teil dabei hatte, war das kein Problem. Ihre Gegnerin war die drei Jahre ältere aus einer Ringerfamilie stammende Samira Wissel von der RWG Mömbris-Königshofen, die bei der deutschen Meisterschaft der A-Jugend den fünften Platz belegt hatte. Zwar bestand vom Alter her keine Waffengleichheit doch kämpfte das Mädchen aus Untergrochlitz gut mit, musste zwar im Standkampf Punkte abgeben, zeigte sich im Boden aber stabil. Bei den zwei Chancen auf Punktgewinne konnte sie sich noch nicht durchsetzen, konnte aber insgesamt beim 0:10 endenden Vergleich doch einige Verbesserungen nachweisen.

Den Bundesligakampf sollte Ibrahim Galamatov (57 kg/g) im leichtesten Limit eröffnen. Da die Gäste aus Kleinostheim keinen Gegner stellten gingen die Greizer 4.0 in Führung (Mannschaftsstand: 0:4)

Emil Thiele (130 kg/f) war aus seiner anhaltinischen Heimat bereits am Freitag in Greiz angereist, beim Abschlusstraining verletzte er sich allerdings leicht. Er ging zwar über die Waage, trat jedoch auf Rat seines Trainers gegen den 20 Kilogramm schwereren ungarischen Recken Daniel Ligeti nicht an. Ligeti hatte als junger Athlet 2008 für Greiz im damaligen 96 kg-Limit gerungen. Zur Zeit ist der zweimalige Olympiateilnehmer, der in Greiz viele alte Freunde begrüßen konnte, amtierender EM-Dritter. (Mannschaftsstand: 4:4)

Razvan-Marian Kovacs (61 kg/f) traf auf den deutschen Meister Niklas Stechele aus Westendorf, den er im Vorkampf in der 57 kg-Klasse 9:1 besiegt hatte. Bei der diesjährigen EM belegte Stechele Platz fünf. Der Kampf war symptomatisch für diese Saison des RSV Rotation Greiz: Der Greizer Vertreter bringt eine starke Leistung, ist überlegen, sieht wie ein sicherer Sieger aus, dann geschieht ein kleines Mißgeschick, der fast schon geschlagene Widersacher holt auf und gewinnt in letzter Sekunde noch im Fotofinish. Es ist schon fast wie im legendären Ausspruchs des ehemaligen englischen Fußballprofis Gary Lineker aus einer Zeit als die Deutschen noch mit deutschen Tugenden Fußballspiele gewannen und nicht mit Haltung glänzen wollten. „Fußball ist ein einfaches Spiel: 22 Männer jagen 90 Minuten lang einem Ball nach, und am Ende gewinnen immer die Deutschen.“ Ringkampf ist sicher nicht einfach, aber am Ende haben die Greizer Gegner am Ende sehr oft gewonnen. Der Greizer dominierte, ging durch einen Beinangriff 2:0 in Führung, baute diesen auf 4:0 aus. Alles schien gut auszugehen. Dann 15 Sekunden vor Schluss ein Beinangriff des Gegners, der Rumäne versuchte alles um die „Zwei“ nicht abzugeben (dann hätte er nur einen Siegpunkt erhalten), richtete sich dabei etwas zu weit auf, wurde geworfen. Der immer gut mitkämpfende Stechele kam mit einer geglückten Aktion zum 4:4 und gewann auf Grund der höheren Wertung den Siegpunkt. (4:5)

Alex Szöke (98 kg/g) traf auf den mit allen Wassern gewaschenen acht Jahre älteren Pascal Eisele, aus dessen umfangreicher Erfolgsbilanz zwei deutsche Meistertitel, der erste Platz bei der EM 2016 und die WM-Bronzemedaille von 2017 herausragen. Gewichtsmäßig etwas im Vorteil zwang der Ungar seinen Gegner zu Boden, konnte dort aber nicht punkten. Nach der Pause das gleiche Spiel. Aber diesmal konnte Alex Szöke im angeordneten Bodenkampf seinen Ausheber ansetzen und mit einer lehrbuchmäßig ausgeführten Aktion vier Punkte erkämpfen. Der dritte Bodenkampf brachte hingegen wieder nichts ein. Gesamtstand 6:0. (6:5)

Dawid Karecinski (66 kg/g) kämpfte gegen den aus Albanien stammenden Ilir Sefai, der früher für Mainz rang. Es war ein ausgeglichener Kampf zweier Griechisch-römisch – Spezialisten, die beide im Standkampf keinen Punkt erringen konnten. Der Pole musste zuerst in den Bodenkampf, gab aber nichts ab. Als nach der Pause der Kleinostheimer zu Boden musste, gelang Dawid Karecinski die Rolle am Boden und damit die 3:1 Führung. Kurz vor Schluss musste der Gästeringer noch einmal zu Boden, doch hier blieben weitere Punkte aus. (7:5)

Im letzten Kampf vor der Pause trafen Richard Schröder (86 kg/f) und das Kleinostheimer Eigengewächs Christoph Henn aufeinander. Diesmal lag der Gewichtsnachteil bei dem Greizer, dem aber vor allem sein „Ausflug“ vor 14 Tagen in die 75 kg-Klasse noch im Körper steckte. Der Greizer hielt anfangs gut mit, lag zur Pause nach einer Passivitätsstrafe nur 0:1 zurück. Dem körperlich stärkere Gästeringer gelangen aber in der vierten und fünften Minute sechs Punkte zur 7:0 Führung. Als der einen weiteren Beinangriff ansetzte, gelang dem Greizer 30 Sekunden vor Schluss der Konter zum 1:7. Der Verlust von drei Punkten schien abgewehrt. Doch dann schlug Lineker wieder zu. Beinangriff von Henn 15 Sekunden vor Schluss und das 1:9! Doch noch drei Punkte weg! So ging es mit 7:8 in die Pause

Wieder stellte sich die absolute Weltklasse in Greiz vor. Nikolay Grahmez (71 kg/f) traf auf keinen Geringeren als den amtierenden Weltmeister Zelimkhan Abakarov. Der 29-jährige Tschetschene gehörte ein Jahrzehnt zu den stärksten russischen Ringern ohne je bei einer EM oder WM kämpfen zu können. Nach einem Jahr Pause startete er im Januar erstmals für Albanien und wurde überraschend Weltmeister. In der Vorwoche blieb er beim Weltcup in Iowa , bei der er für eine Weltauswahl kämpfte, ohne Niederlage. Der Greizer griff ohne Respekt an, kam durch einen Beinangriff zur 2:0 Führung und konnte den Weltmeister in einer ungewöhnlichen Konstellation nochmal ankippen (4:0). Kurz vor der Pause dann die Aktion, die den gut leitenden Luckenwalder Kampfrichter Thomas Hausmann Kritik – auch von Ringkampfkennern – einbrachte. Der Greizer Griff zu den Beinen des Weltmeisters, der konterte und bekam eine „Vier“ gutgeschrieben. Manche forderten hier ein 4:2 für den Greizer. Ich bin mir nicht ganz sicher, da wegen des mdr-Fernsehteam die gegnerischen Trainer in meinem Sichtfeld saßen, tendiere aber stark zu 4:2. Am Ende hatte der Weltmeister mit 9:6 gewonnen. Auch gegen den Weltmeister war mehr möglich. (7:10)

Wiedereinmal wuchs Maximilian Besser (80 kg/g) über sich hinaus und hielt sich gegen den 20-jährigen Ringerprofi aus Moldawien Alexandrin Gutu hervorragend. Der Junioren-Europameister von 2021 und 2022 und zweimalige WM-Dritte wurde im Oktober auch Vizeweltmeister bei der U23. Der Moldawier ging im Standkampf 2:0 in Führung. Als der Greizer zu Boden musste gelang ihm ein Ausheber, der trotz Protestes der gegnerischen Trainer Rifat Yildiz und Peter Weißenberger nur mit „Zwei“ bewertet wurde. Am Ende gelang dem Greizer noch eine Resultatsverbesserung auf 1:5. (7:12)

Das Gefecht zwischen Routinier Christian Fetzer (75 kg/g) und dem 13 Jahre jüngeren Artur Tatarinov schien offen, allerdings nicht lange. Bereits kurz nach Kampfbeginn verletzte sich der Greizer am linken Oberarm, kämpfte aber tapfer weiter. Die erste Bodenrunde konnte er noch ohne Minuspunkte überstehen, doch bei der zweiten in der fünften Minute hatte er nichts mehr dagegen zusetzen und musste sogar eine „Fünf“ abgeben. Beim Stande von 0:9 war dann aller Widerstand zwecklos und der Greizer Mannschaftskapitän musste tief betrübt den Kampf aufgeben. Wir wünschen baldige Genesung. (7:16)

Im Vorrundenkampf musste Lucas Kahnt (75 kg/f) gegen den rumänischen EM-Fünften Zurab Kapraev eine Schulterniederlage einstecken. Der Greizer hatte daraus gelernt, ging diesmal anders zu Werke, geriet aber trotzdem 0:2 in Rückstand. Da kam aber schon die erhoffte Botschaft aus Markneukirchen: Burghausen hatte im sächsischen Vogtland mit 18:9 gewonnen und Greiz trotz der Niederlage die Klasse gehalten. Der Greizer musste noch eine Zeitstrafe abgeben und dann noch einmal zwei Punkte. Am Ende hieß es 0:5, der Rumäne hatte gewonnen. Trotz der hohen 7:18 Niederlage feierten die Greizer Mannschaft mit ihren Anhängern. Die Fans sangen lange und ausdauernd: „Erste Liga, wir sind mit dabei!“

Der Klassenerhalt in der deutschen Eliteliga war nach einer nervenaufreibenden Saison geschafft. Trotz eines sehr durchwachsenen Jahres konnte sich der Greizer Ringerverein auf seine Anhänger verlassen. Wieder kamen ungefähr 800 Zuschauer. Wieder Bundesligarekord! Von diesen Zahlen träumen andere Vereine. Greiz ist die Ringerhochburg in Deutschland. Die Finanzhochburg ist sie leider nicht. Aber wenn im Sommer 2023 die Saison startet, wird Greiz zum sechsten mal in Folge in der Bundesliga kämpfen. Von Ostdeutschland dürfte dann nur noch Aufsteiger Lübtheen dabei sein. Die Tabelle sah am Sonntag so aus:

Tabelle nach 14. Kampftag (Abschlussstand):

1.SV Wacker Burghausen285:98
28:2
2.SC Kleinostheim234:155
20:8
3.ASV Schorndorf210:168
18:10
4.KSC Germania Hösbach230:173
18:10
5.AC Lichtenfels146:221
10:18
6.RSV Rotation Greiz156:229
9:19
7.AV Germania Markneukirchen166:241
7:21
8.SV Johannis Nürnberg 07130:272
2:26









Nachspiel

Ein Nachspiel wird es auf jeden Fall geben. Was oder wie es sein wird, weiß jetzt noch keiner. Wir werden aber versuchen zeitnah zu berichten.

Einzelergebnisse:

StilartGewichtNameNamePunkteWertungZeit
Gr.-röm.57Ibrahim Galamatov4:0KL 0:000:00
Freistil61Razvan-Marian KovacsNiklas Stechele0:1PS 4:406:00
Gr.-röm.66Dawid KarecinskiIlir Sefai1:0PS 3:106:00
Freistil71Nikolay GrahmezZelimkhan Abakarov0:2PS 6:906:00
Gr.-röm.75AChristian FetzerArtur Tatarinov0:4AS 0:904:27
Freistil75BLucas KahntZurab Kapraev0:2PS 1:506:00
Gr.-röm.80Maximilian BesserAlexandrin Gutu0:2PS 1:506:00
Freistil86Richard SchröderChristoph Henn0:3PS 1:906:00
Gr.-röm.98Alex SzökePascal Eisele2:0PS 6:006:00
Freistil130Daniel Ligeti0:4KL 0:000:00

Aktuelle Tabelle:

PlatzMannschaftAnz.K.Plus:MinusDifferenz +:?
1SV Wacker Burghausen14285:98187 28:0 
2SC Kleinostheim14234:15579 20:8 
3ASV Schorndorf14210:16842 18:10a
4KSC Germania Hösbach14230:17357 18:10 
5AC Lichtenfels14146:221-75 10:18 
6RSV Rotation Greiz14156:229-73 9:19 
7AV Germania Markneukirchen14166:241-75 7:21 
8SV Johannis Nürnberg14130:272-142 2:26