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Martin Obst schafft Hattrick bei deutscher Meisterschaft

Martin Obst schafft Hattrick bei deutscher Meisterschaft

Drei erfolgreiche Greizer Ringer bei der DM in Bruchsal. Von links: Vizemeister Sven Cammin (57 kg), Exweltmeister Uwe Neupert und der viermalige deutsche Meister Martin Obst (74 kg) Foto: Swen Lieberamm

Vizemeistertitel für Sven Cammin

Bruchsal. Bei den deutschen Meisterschaften im Freistilringen vertrat Eyleen Sewina im nordbadischen Bruchsal die Farben des RSV Rotation Greiz. Mit Sven Cammin, Daniel Sartakov und Titelverteidiger Martin Obst starteten drei der erfolgreichsten Mannschaftsringer des Vorjahres beim RSV auf Basis des Zweitstartrechtes für Luftfahrt Berlin bzw. für Luckenwalde.
Der Deutsche Ringer-Bund hat bereits vor Jahren auf Betreiben der Bundestrainer festgelegt bei seinen nationalen Meisterschaften der Männer, Frauen und Junioren nach dem internationalen Wettkampfsystem zu kämpfen, bei dem eine einzige Niederlage bereits das Aus bedeuten kann. Bei großen Teilnehmerfeldern wie Olympischen Spielen, Welt- und Europameisterschaften mag dieses KO-System mit Hoffnungsrunde der Übersichtlichkeit bei im Ringkampfsport nicht sehr sattelfesten Journalisten dienen und Außenseitern Überraschungen ermöglichen. Bei kleinen Teilnehmerfeldern wie bei den deutschen Meisterschaften in Bruchsal können dieses Wettkampfsystem die normale Rangliste auf den Kopf stellen. Eine dieser Leidtragenden war die deutsche Juniorenmeisterin Eyleen Sewina. Bereits nach dem ersten Kampf war die Meisterschaft für die mit viel Enthusiasmus gestartete bereits beendet. Dabei hatte sie sich intensiv vorbereitet und den letzten Test bei einem internationalen Turnier in Polen mit dem dritten Platz erfolgreich abgeschlossen.

Nach dem Wiegen ergab sich in Bruchsal folgende Konstellation: In der mit neun Sportlerinnen besetzten 63 kg-Klasse gab es in der ersten Runde nur einen Qualifikationskampf und diesen musste Eyleen Sewina gegen eine der Favoritinnen in dieser Gewichtsklasse, Debora Lawnitzak, bestreiten. Der WM-Fünften der Juniorinnen von Luftfahrt Berlin traute man den sicheren Finaleinzug zu, wo sie auch gegen die südbadische Titelverteidigerin Nadine Weinauge nicht ganz chancenlos schien. Eyleen müsste dann einen Kampf in der Hoffnungsrunde gewinnen um dann im Kampf um Bronze auf ihre alte Rivalin Viviane Herda aus Witten zu treffen.
Es kam aber alles ganz anders. Eyleen unterlag zwar der Berlinerin mit 1:9 und diese gewann auch den nächsten Kampf gegen eine Vertreterin aus Hessen in nur 22 Sekunden auf Schultern. Doch dann ließ sich die Berlinerin im Halbfinalkampf von Herda beim ersten Beinangriff überraschen und lag schon in der ersten Minute auf beiden Schultern. Ihr Freund Martin Obst, den sie oft zu den Mannschaftskämpfen nach Greiz begleitet hatte, konnte diese unnötige Niederlage kaum fassen. Debora Lawnitzak konnte sich zwar noch Bronze sicher, doch für Eyleen Sewina bedeutete die Halbfinalniederlage der Berlinerin das Ausscheiden aus dem Turnier und die Platzierung auf Rang sieben. Herda war im Finale gegen die Südbadenerin übrigens chancenlos und landete bereits in der ersten Runde auf den Schultern.

Martin Obst brachte das Kunststück fertig zum dritten Mal in Folge in der Gewichtsklasse 74 kg des freien Stils den deutschen Meistertitel zu erkämpfen. Nach seinem Titelgewinn von 2011 kann er nun vier Goldmedaillen von deutschen Männer-Meisterschaften sein eigen nennen. Der Hattrick war aber alles andere als vorprogrammiert oder ein Selbstläufer. Aus eigener Erfahrung weiß der Berliner, dass die Trainingsbedingungen seiner Gegner bei der Bundeswehrsportfördergruppe völlig andere sind. Dazu kam beim ihm noch eine schwere Erkältung am Ende des Winters, deren Nachwirkungen Trainer Swen Lieberamm an einer möglichen Titelverteidigung zweifeln ließen. Doch mit seinem bekannten Kampfgeist und Sondertrainingseinheiten – auch im Stützpunkt Luckenwalde – ging es wieder aufwärts. Bereits im ersten Kampf kam es zur Neuauflage des vorjährigen Finalkampfes gegen Georg Harth vom deutschen Mannschaftsmeister SV Weingarten. Der gebürtige Georgier hatte zusammen mit seinem Bruder Dawid vor zwölf Jahren nicht nur die deutsche Staatsangehörigkeit angenommen sondern auch seinen Namen geändert. Obst ging durch eine Passivitätsverwarnung des Gegners 1:0 in Führung, lag aber bald 1:2 in Rückstand. Mit zwei Beinangriffen konnte er aber das Blatt mit 5:3 zu seinen Gunsten wenden. Gegner im Kampf um den Finaleinzug war der Saarländer Mathias Schwarz, immerhin schon zweimal Bronzemedaillengewinner in dieser Kategorie. Der Saarländer hatte in der ersten Runde den für Thalheim startenden Ex-Greizer Maximilian Kahnt aus dem Rennen geworfen. Schwarz erwies sich als der erwartet unbequeme Gegner, der in fünf Minuten zwar drei Verwarnungen abgeben musste, allerdings nur einen Beinangriff zuließ.

Zehn Sekunden vor Schluss gelang Obst aber ein besonders Kabinettstückchen. Für einen Beinangriff wie aus dem Lehrbuch erhielt er eine Fünfer-Wertung und kam zum vorzeitigen Sieg mit technischer Überlegenheit. Gegner im Finale war mit Kubilay Cakici nicht nur ein Vertreter einer bekannten türkischstämmigen Ringerfamilie aus Mainz sondern auch der Meister des Vorjahres in der 70 kg-Klasse. Swen Lieberamm hielt den Kampf für offen, doch Martin Obst wusste zu überzeugen. Der Greizer Publikumsliebling rang mental und taktisch auf höchstem Niveau. Seine gefürchteten Beinangriffe führten zum ungefährdeten 7:1 Sieg.

Nicht viel weniger erfolgreich kämpfte Sven Cammin, der in der 57 kg-Klasse acht Widersacher hatte. In der Mannschaftskampfsaison 2015 blieb er für Greiz ungeschlagen und hatte wesentlichen Anteil am Staffelsieg des RSV. Nachdem er wegen einer Rückenverletzung die gesamte letzte Saison ausfiel, gelang dem Bronzemedaillengewinner von 2013 nun nach seiner vollständigen Genesung mit seinem zweiten Platz bei der deutschen Meisterschaft ein spektakulärer Erfolg. Alexander Tonn aus dem südbadischen Allensbach wurde schon in der ersten Minute mit technischer Überlegenheit bezwungen. Gegen den Aachener Purya Jamali Esmaili Kandi lag er zwar nach einem Knöchelgriff 0:2 zurück, konnte aber nach einem Beinangriff und mehreren Rollen am Boden einen sicheren Punktvorsprung erarbeiten. Nach einem verkehrten Kopf-Hüft-Schwung kam Sven Cammin noch in der zweiten Kampfminute beim Stande von 10:2 zum Schultersieg. Der noch der Jugendklasse angehörende Aachener hatte vor zwei Wochen nach einer 0:6 Niederlage gegen den Greizer Lucas Kahnt bei den Titelkämpfen der A-Jugend in der 58 kg-Klasse den sechsten Platz belegt. In Bruchsal konnte er sich Bronze sichern. Im Finale war der dreimalige Juniorenmeister Viktor Lyzen, der für Köllerbach startete, klarer Favorit. Cammin zeigte aber einen großartigen Kampf, führte lange, kam aber beim 5:6 erstmals in Rückstand. Er musste nun um den Bock umzustoßen mehr riskieren, wurde aber vom Dritten der Junioren-WM von 2015 gekontert und unterlag am Ende 5:10.

Daniel Sartakov, bei 13 Gegnern im 70 kg-Limit startend, kam auch diesmal bei den deutschen Meisterschaften nicht auf einen grünen Zweig. Zwar traf er gleich auf den späteren Meister Tim Müller aus Mainz, musste hier aber beim 5:15 eine klare Überlegenheitsniederlage hinnehmen. Dies überraschte umso mehr, als er diesen Gegner vor zwei Wochen bei einem Turnier in Polen bezwungen hatte. Da Müller das Finale erreichte durfte Sartakov in der Hoffnungsrunde weiter kämpfen. Doch hier schied er gegen den Württemberger Kevin Henkel aus Dewangen gleich nach Kampfbeginn sang- und klanglos 0:11 aus. Trotz des Ausfalls von Daniel Sartakov fuhr ein hochzufriedener Trainer Swen Lieberamm nach Hause.

Erhard Schmelzer 23.04.2017

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