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„Abstiegskampf in der Champions League“

Zehnmal Gold und fünfmal Silber für die jüngsten Greizer Ringer des RSV Rotation

Thomas Fähndrich, Präsident des RSV Rotation Greiz eröffnet die Thüringer Meisterschaften im freien Stil

Thomas Fähndrich ist seit 2003 Präsident des RSV Rotation Greiz. Der Greizer Ringerverein war damals gerade aus der 1.Bundesliga abgestiegen und kämpfte in der drittklassigen Regionalliga Mitteldeutschland. Unter Führung des selbstständigen Unternehmers ging es mit dem Ringkampfsport in Greiz wieder bergauf. Von 2006 bis 2016 kämpfte Greiz in der 2.Bundesliga, 2013, 2015 und 2016 gelangen dort die Staffelsiege. 2016 war Greiz wieder einmal beste Mannschaft aus Ostdeutschland, diesmal vor Markneukirchen. Als der Deutsche Ringer-Bund 2017 sein Ligensystem umstrukturierte verzichtete Greiz – wie viele andere Vereine auch – auf den Aufstieg in die Eliteliga. Als der Aufstieg ein Jahr später doch vollzogen wurde, eroberte sich Greiz als der Tabellenvierter der Staffel Südost den inoffiziellen ostdeutschen Titel zurück, der 2019 verteidigt werden konnte. Nach der Corona-Pause landete man 2021 in der Staffel Ost zwar hinter Markneukirchen nur auf dem vierten Platz, kam dafür aber in der Endrunde als einzige ostdeutsche Mannschaft ins Viertelfinale. Am Wochenende beginnt nun die Rückrunde der Saison 2022. Aus diesem Anlass möchten wir einige Fragen an Thomas Fähndrich stellen.

Frage: „Mit welchen Vorstellungen sind sie in die Saison 2022 gegangen?“

Thomas Fähndrich: Aus 36 Bundesligamannschaften in vier Staffeln wurden in diesem Jahr 16 Erstligateams in zwei Gruppen. Wir sind in einer Achtergruppe, die beiden Letzten steigen ab. Das führte erwartungsgemäß zu einer weiteren Konzentration der Kräfte, die einer Leistungsexplosion in der Liga gleichkommt. Für uns war deshalb der Klassenerhalt vorrangiges Saisonziel.

Frage: „Wie sollte das erreicht werden?“

Thomas Fähndrich: „Wir konnten uns auf unser Team vom letzten Jahr stützen, von dem uns nur die beiden erstklassigen Hallbergmooser verließen, die nun verständlicherweise wieder zu Hause kämpfen, da ihre Heimmannschaft in die 2.Bundesliga aufgestiegen ist. Natürlich mussten wir uns auch mit namhaften ausländischen Sportlern verstärken. Bei den Zugängen mit deutschem Pass mussten wir uns auch aus finanziellen Gründen auf junge entwicklungsfähige Nachwuchssportler konzentrieren. Nachdem im Vorjahr schon unser Eigengewächs Lucas Kahnt zurückkehrte und Richard Schröder zu uns kam, freuten wir uns in dieser Saison über die Zugänge von Moritz Langer, Witas Behrendt und Emil Thiele, weitere junge Sportler, die ihren Leistungszenit noch lange nicht erreicht haben. “

Frage: „Haben die jungen Sportler die erwarteten Leistungen gebracht?“

Thomas Fähndrich: „Ringkampf ist ein Sport der viel Training und Routine verlangt. Ein junger Sportler ist da gegen einen Routinier, falls dieser noch entsprechend trainiert, klar im Nachteil. Außerdem sind die meisten Ausländer Profis, die zweimal täglich trainieren. In Deutschland gibt es da zwar die Sportfördergruppe der Bundeswehr, die ist zahlenmäßig aber sehr klein, außerdem haben einige Bundesländer Sportgruppen bei der Polizei. Diese vorteilhaften Trainingsbedingungen hat aber kein Sportler, der für Greiz kämpft. Lucas Kahnt z.B. arbeitet täglich im elterlichen Betrieb in Greiz und trifft am Wochenende auf Profis. Unter diesen Voraussetzungen hat kein Greizer Sportler enttäuscht. Wir haben zur Zeit die stärkste Truppe, die jemals für Greiz auf der Matte stand. Und charakterlich passt auch alles, unabhängig davon was im Pass steht. Und unsere rumänischen Neuzugänge Razvan Kovacs und Deniz Mihai sind eine Schau. Da macht die sogar die viele Arbeit richtig Spaß.“

Frage: „Wie sind sie mit dem bisherigen Saisonverlauf zufrieden?“

Thomas Fähndrich: „Das deutsche Ligensystem ist unübertroffen in der Welt, nur in Österreich und der Schweiz gibt es eine ähnliche Struktur. Wie die besten Fußballer der Welt des Geldes wegen in England spielen, kommen die besten Ringer der Welt in die Bundesliga. In den letzten beiden Kämpfen brachten unsere Konkurrenten neben diversen Medaillengewinnern von Welt- und Europameisterschaften jeweils einen amtierenden Weltmeister auf die Matte. Welcher andere Verein in Thüringen in anderen Sportarten muss sich mit solcher Qualität auseinandersetzen? Unter diesen Umständen ist unser jetziger Tabellenplatz 5 Gold wert. Doch Markneukirchen und Lichtenfels sind punktgleich, Nürnberg nur vier Punkte zurück. Unter diesen Umständen befinden wir uns im Abstiegskampf in der Champions League.“

Frage: „Wann fällt die Entscheidung über den Abstieg?“

Thomas Fähndrich: „Vielleicht erst am letzten Kampftag am 17.Dezember gegen Kleinostheim. Am Sonnabend beginnt für uns die Rückrunde mit anderen Stilarten je Gewichtsklasse und teilweise anderen Sportlern in Schorndorf. Bei allen Vereinen werden neue Sportler auftauchen. Da werden die Karten wieder völlig neu gemischt. Ganz wichtig sind die beiden Kämpfe eine Woche später am Sonnabend zu Hause gegen Hösbach (19.11.) und dann am Sonntag (20.11.) um 15 Uhr beim Vogtlandderby in Markneukirchen.“

Frage: „Wie zufrieden sind sie mit dem Zuschauerzuspruch in Greiz?“

Thomas Fähndrich: „Unser mehr als 90 Jahre alter Verein konnte sich schon nach den Gründungsjahren auf seine Zuschauer stützen, nach dem zweiten Weltkrieg, als zweimal offiziell die DDR-Meisterschaft gewonnen wurde, glichen die Kämpfe um die gesamtdeutsche Meisterschaft
Volksfesten. Seit der Renaissance des Ringkampfsportes in Greiz zu Beginn der 80-er Jahre galt Greiz zuerst in Ost- und ab 1990 auch in Westdeutschland als der Verein, zu dem die meisten Zuschauer kommen. Darauf sind wir sehr stolz. Auch in dieser Saison sind wir wieder Zuschauerkrösus. Die Zuschauer sind unser Hauptsponsor. Deshalb haben sich die Zuschauerbeschränkungen im letzten Jahr für uns finanziell dramatisch ausgewirkt. Bei einem normalen Saisonverlauf sind wir wenigstens zum Teil in der Lage den wirtschaftlichen Vorsprung der Vereine aus dem süd- und westdeutschen Raum zu kompensieren. Mein Appell geht deshalb an alle Ringkampfanhänger in der Region: ‚Unterstützt uns bei unseren letzten drei Heimkämpfen und in Markneukirchen!’“

Frage: „Wie sieht es hinsichtlich der Sponsoren aus?“

Thomas Fähndrich: „Es ist ja nun kein Geheimnis, dass wir leider in einer wirtschaftlich schwachen Region leben. Landkreis und Stadt unterstützen uns, wo es möglich ist. Wenn man den Gerüchten glauben darf, die über Mitkonkurrenten im Umlauf sind, bleibt einem die Luft weg. Wir haben mehr als 60 Sponsoren, die hinter uns stehen und denen wir sehr dankbar sind. Auf Grund der ökonomischen Entwicklung der letzten Jahre mussten einige leider ihr Engagement zurückfahren. Unser gemeinsames Ziel ist es das Kulturgut „Ringen-1.Bundesliga“ in Ostdeutschland zu erhalten.“

Frage: „Wie hat sich der Verein abseits der ersten Mannschaft entwickelt?“

Thomas Fähndrich: „Leider ist unsere 90-Jahrfeier in Vorjahr wegen der Corona-Problematik, die uns auch sonst sehr geschadet hat, ausgefallen. Vor uns stand in den letzten Jahren das Problem den Nachwuchssport neu zu organisieren. Heute kann ich sagen, das ist uns durch den Einsatz erfahrener und junger Trainer sowie durch die Mithilfe von Eltern hervorragend gelungen. Luft nach oben gibt es aber immer. Am letzten Freitag war die Halle im Übungsbetrieb zwischen 16 und 20 Uhr für unsere Sportler schon fast zu klein. Mein Dank gilt da besonders der engagierten Eltern, die uns bei der Zu- und Abfahrt der Kinder unterstützen. Auch immer mehr Mädchen finden zum Ringkampfsport. Also an alle Eltern: Schickt eure Kinder ab dem ersten Schuljahr zum Ringen!“ Auch unser Helferteam, das bei Veranstaltungen und Wettkämpfen benötigt wird, vergrößert sich von Jahr zu Jahr. Die zweite Männermannschaft hat sich trotz der teilweise Verjüngung stabilisiert und kämpft am Sonnabend (12.11.) in Werdau um die Teilnahme an der Endrunde der Landesliga. Am Sonntag fährt eine starke Jugendtruppe nach Zella-Mehlis und eine Woche später geht es zum Finalturnier der Jugendliga nach Pausa. Das alles ist nur in einem leistungsstarken Verein mit zahllosen ehrenamtlichen Helfern, bei denen ich mich hiermit herzlich bedanken möchte, möglich.“

Bericht: Erhard Schmelzer

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